Unterwegs mit dem anderen Zauberer - Eine Reise zur Heilung
(Following the other Wizard - A Journey into Healing)
von jodancingtree, übersetzt von Cúthalion



Kapitel 34
Daheim ist der Wanderer

Sie blieben einen Monat in Minas Tirith, und nach dem ersten Bankett beugte sich Aragorn Frodos Bitte und verzichtete darauf, ihn weiteren öffentlichen Ehrungen auszusetzen. Frodo verließ selten die Veste; er verbrachte viel Zeit damit, die Gärten zu durchwandern, die er am ersten Tag durch die Fenster gesehen hatte, normalerweise mit einem Buch aus der Privatbibliothek des Königs unter dem Arm. Er aß gemeinsam mit dem König und der Königin zu Abend, wann sie die Zeit hatten, allein in ihrem privaten Esszimmer zu speisen, und er verbrachte viele glückliche Stunden mit Arwen in ihrer Kemenate, während Aragorn mit Angelegenheiten des Königreiches beschäftigt war.

Eines Tages belauschte die Königin Frodo, wie er sang, als er sich allein glaubte, und sie überredete ihn dazu, für sie zu singen. Arwen hatte selbst eine liebliche Stimme, und sie stellten fest, dass sie gut miteinander harmonierten; danach sangen sie mehrere Male im Duett für den König und Radagast, und Aragorn überraschte Frodo damit, dass er eine kleine Harfe aus einer Lederhülle zutage förderte, um sie zu begleiten.

„Gibt es irgend etwas, das du nicht kannst?“ rief Frodo aus und grinste. „Du warst Waldläufer und Heiler, und ein Befehlshaber von Armeen, du bist ein Herrscher von Stärke und Weisheit, und jetzt finde ich heraus, dass du auch noch ein Barde bist! Die Rasse von Númenor steht wahrhaftig wieder in voller Blüte!“

Aragorn lachte. „Ich wurde von Elrond aufgezogen, wenn du dich erinnerst. Die Chance, in Bruchtal aufzuwachsen, ohne zu lernen, wie man singt und ein Instrument spielt, war gering. Aber ich wusste nicht, dass du singen kannst, Frodo, oder wir hätten auf der Fahrt zusammen mehr Musik gemacht. Musik macht das Herz heller.“

„Das tut sie,“ stimmte Frodo zu. „Ich wünschte, ich hätte mich in den finsteren Zeiten daran erinnert.“

Radagast war die meiste Zeit, die sie in Minas Tirith verbrachten, abwesend, obwohl er mit ihnen gemeinsam zu Abend aß. Er verbrachte seine Tage hinter verschlossenen Türen, gemeinsam mit dem kundigen Meister, der für die große Bücherei der Stadt verantwortlich war, aber wenn Frodo ihn fragte, was er da tat, waren seine Antworten vage. Es hatte irgendetwas mit des Zauberers geheimnisvollem Auftrag im Osten zu tun; mehr fand Frodo nicht heraus.

Endlich stopfte sich Radagast eines Abends nach dem Essen die Pfeife und wandte sich an den König. „Ich habe alles aus den alten Aufzeichnungen erfahren, was ich kann... dank deiner großzügigen Bereitschaft, mir den Meister der Schriftrollen als Hilfe zur Verfügung zu stellen, Elessar. Dies war die Notwendigkeit, die mich nach Minas Tirith gebracht hat, und jetzt habe ich meine Antworten. Ich darf deine Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen.

Aragorn lächelte. „Das ist eine höfliche Art zu sagen, dass du soweit bist, dich wieder auf den Weg zu machen, glaube ich.“

Radagast blies einen Rauchring, der um Frodos Kopf herum kreiselte. „Es ist Zeit, dass ich meinen Esel auf seine Heimatweide bringe, bevor ich mich auf den Weg mache, dem ich jetzt folgen muss. Lange Jahre sind vergangen, seit ich meine Istari-Brüder, die in den Osten gingen, zuletzt gesehen habe, und die Zeit unserer Mühen ist erfüllt. Ich muss sie suchen, wo immer sie auch hin gewandert sind, aber zuerst werde ich Frodo nach Hause bringen, wenn er bereit ist, jetzt mit mir zu gehen.“

Frodo nickte. „Übermorgen?“ fragte er.

„Das wäre sehr gut,“ sagte Radagast.

Am nächsten Tag suchte Arwen Frodo auf. „Ich habe etwas für dich, liebes Herz, bevor du uns verlässt.“ Sie hielt ihm einen kleinen Beutel aus schwarzem Samt hin, der mit dem Weißen Baum bestickt war. „Dies wurde in meiner Obhut gelassen, um es dir zu geben, wenn ich die Möglichkeit hätte.“

Neugierig löste Frodo die Kordel und schüttelte den Beutel über seiner Handfläche. Ein Ring fiel heraus, eine anmutige Filigranarbeit aus weißem Metall, das wie Silber leuchtete, allerdings mit einem tieferen, üppigeren Glanz. Er war mit einem ovalen Stein besetzt, der die Farbe veränderte, während er ihn in seiner Hand hin- und her drehte; er erschien entweder grün oder blau, je nachdem, wie das Licht hineinfiel.

„Er ist wie das Meer,“ hauchte er, hielt ihn vor dem Fenster hoch und sah zu, wie er überall im Zimmer Funken versprühte.

Arwen lächelte. „Das ist, was sein Schöpfer sagte,“ stimmte sie zu. „Er wurde für dich gemacht von einem, der behauptet, dir sein Leben zu schulden, weil du ihn aus dem Meer gezogen hast. Erinnerst du dich an ihn?“

„Nano! Natürlich erinnere ich mich – er hat das gemacht? Oh, er ist wirklich ein Meister seines Handwerks geworden!“ Frodo lachte entzückt; er ließ den Ring auf seinen Finger gleiten und hielt ihn hoch, so dass der Stein einmal mehr das Licht einfing. „Er war hier, Arwen? Hat er auch für dich Juwelen geschaffen?“

„Er machte ein Saphirhalsband für mich, und ein Diadem für meine Tochter, zum Anlass ihrer Hochzeit. Wie du sagst, er war ein Meister seines Handwerks.“

Frodo blickte auf und sah sie scharf an. „War? Jetzt nicht mehr?“

„Es tut mir Leid, Frodo. Er ging mit einigen von Gimlis Volk nach Khazad-dûm, um die Mithril-Minen dort wieder zu eröffnen. Dein Ring wurde aus dem ersten Ertrag dieses Metalles seit der Zeit gemacht, als die Zwerge von dort vertrieben wurden. Doch fürchte ich, dass Moria sogar jetzt noch ein Ort des Unglücks ist; ein paar Jahre später gab es einen Höhleneinsturz, und sie verloren viele der Arbeiter. Dein Freund war einer von ihnen."

Frodo senkte den Kopf und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er streichelte den kühlen Edelstein mit einem Finger und drückte ihn an seine Lippen. Gleichzeitig von Nanos Erfolg und von seinem Tod zu hören, zerriss ihm das Herz.

„Wann?“ flüsterte er.

Arwen hielt inne, um nachzudenken. „Vor sechs oder sieben Jahren. Er war nicht mehr jung, Frodo; er hat ein erfülltes Leben gelebt, und ein glückliches. Das Halsband, das er für mich gemacht hat, wird hoch geschätzt werden, solange dieses Königreich dauert, und selbst jetzt folgt sein Sohn ihm ehrenvoll auf dem selben Weg, in den Glitzernden Höhlen. Dieser Sohn ist nicht nach Khazad-dûm gegangen; er war es zufrieden, an seinem Geburtsort zu bleiben.“

Frodo nickte. „Ich bin froh, dass wenigstens sein Sohn noch lebt. Ich danke Euch, Arwen.“ Bald darauf kehrte er in sein eigenes Quartier zurück, packte seine Habseligkeiten für ihre Abreise am nächsten Tag zusammen und legte sich dann auf sein Bett; er hing seinen Erinnerungen nach, bis er endlich einschlief.

Sie frühstückten mit Arwen und Elessar und verließen die Stadt, noch ehe die Sonne die dritte Stunde überschritten hatte. Der König hatte sie mit Reittieren versorgt, um ihre Reise zu beschleunigen, ein Pony für Frodo und ein kräftiger Grauer für Radagast. Sie hielten sich nicht damit auf, irgend jemanden auf dem Weg zu besuchen, und am Nachmittag des Mittsommertages erreichten sie die Höhle, wo ihre Freundschaft begonnen hatte, im Auenland, östlich vom Tukgebiet.

„Und so kehrte der alte Hobbit in jener Nacht nach Hause zurück,“ sagte Radagast mit einem Lächeln, und Frodo grinste.

„Beinahe, jedenfalls, Willst du mitkommen und Beutelsend besuchen, Radagast? Du hast mich in deinem Haus wohnen lassen, und ich würde dich gern in meinem Willkommen heißen. Obwohl,“ fügte er hinzu, als der Gedanke ihn traf, „es ist nicht mehr wirklich meins. Aber Sam wird dich Willkommen heißen, ich weiß es, und ich hätte gern, dass du mein altes Heim siehst.“

Radagast schaute liebevoll auf ihn hinunter. „Nein, Esel, ich werde dich hier zurücklassen, wo ich dich gefunden habe. Ich fürchte, die Gastfreundschaft der Hobbits wäre unwiderstehlich; ich würde nicht vor dem nächsten Frühling loskommen, und ich muss mich wirklich auf die Suche nach den Blauen Zauberern machen. Komm, wir wollen früh zu Abend essen, und du sollst mir noch einmal im Feuerschein die Lieder des Auenlandes singen. Morgen früh müssen wir getrennte Wege gehen.“

So kam es, und die Nacht war weit fortgeschritten, bevor sie für ein paar Stunden Schlaf Zuflucht in der Höhle nahmen. In der Morgendämmerung standen sie auf und frühstückten, ohne viel zu reden.

„Ich möchte nach Hause gehen, und doch will ich dich nicht verlassen,“ sagte Frodo. Er saß am Frühstücksfeuer und sah zu, wie es zu Holzkohle verglühte. Radagast stand auf, nahm seine Hand und zog ihn auf die Füße.

„Komm mit, Esel.“ Er hob das Kinn des Hobbits an, damit er ihm in die Augen sehen konnte. „Du bist der beste Kamerad auf der Straße gewesen, den ich mir hätte wünschen können, und doch habe ich, um die Wahrheit zu sagen, nie das Bedürfnis nach irgend einem Kameraden gehabt, bevor du gekommen bist. Jetzt weiß ich es besser, und ich werde dich sehr vermissen! Aber dein kleiner Gärtner hat dich all diese vielen Jahre vermisst, und er braucht dich jetzt.“

Der Zauberer bückte sich, um ihn zu umarmen und legte seine Wange für einen Moment auf Frodos Haar. „Geh nach Haus zu ihm, Esel, und zögere nicht auf dem Weg.“ Er küsste Frodo auf den Kopf.

„Geh jetzt. Ich werde dir nachschauen, bis du außer Sicht bist.“

Frodo warf seine Arme um den Zauberer und vergrub sein Gesicht für eine lange Minute in der Weichheit des braunen Gewandes. Dann drehte er sich um und schwang sich auf sein Pony. „Leb wohl, Radagast.“ Er begegnete den braunen Augen, so tief, so voller Wissen und Zärtlichkeit. „Lebwohl, und möge die Gnade mit dir gehen. Ich hoffe, du findest deine Zaubererbrüder.“ Er wendete sein Pony und machte sich auf den langen Abhang des Hügels hinunter; er verließ sich darauf, dass das Tier allein seinen Weg fand, denn er war blind vor Tränen.---

Er zögerte nicht auf dem Weg, aber er beeilte sich auch nicht. Jede Meile sprach seine Gefühle an, die kleinen Quellen, die er auf rustikalen Brücken überquerte, die wogenden Hügel mit runden Fenstern, die hier und da aus verschwenderischen Blumengärten hervorblitzten. Er hielt sein Pony im Schritt und schaute sich um, während das Auenland sich auf Zehenspitzen in sein Herz stahl und es ausfüllte, gefolgt von einem Strom der Dankbarkeit, dass er lang genug gelebt hatte, um diesen geliebten Ort wiederzusehen.

„Ich bin zu Hause,“ sagte er sich. „Ich bin zu Hause, ich bin wirklich daheim...“

Es war beinahe zuviel, um es fassen zu können, und er wurde langsamer und langsamer, bis es, als er Hobbingen endlich erreichte, schon dunkel war. Er hielt am Fuß des Bühls an; der alte Stall war noch da, kleiner als er ihn in Erinnerung hatte. Der Schlüssel hing wie seit jeher unter dem Fensterbrett. Er ließ sich selbst ein, versorgte im Licht des Sternenglases sein Pony und rief sich das letzte Mal ins Gedächtnis, als er nachts in diesem Stall gewesen war. Damals hatte Verzweiflung ihn erfüllt; jetzt war es Glück.

Heute Nacht schlafe ich hier, entschied er. Nicht nötig, Sam und Rose zu wecken, sie loszuhetzen, um ihm ein Essen zuzubereiten und für ihn frische Laken auf ein Bett zu ziehen. Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, aber er war nicht hungrig. Nach Hause zu kommen war für ihn an diesem Tag Nahrung genug gewesen. Er rollte sich in seine Decke ein und war binnen Minuten eingeschlafen.

Am Morgen weckten ihn die Vögel, und einen Moment war er darüber verwirrt, sich unter einem Dach vorzufinden. Dann erinnerte er sich und sprang auf, in einem Rausch der Freude. Ich bin daheim! Er folgte dem grasigen Weg den Bühl hinauf zur Küchentür; der Garten umgab ihn frisch und voller Tau, und der Sommerflieder erfüllte die Luft mit seinem Aroma.

Die Küche war still und noch war niemand auf; er fing an, Frühstück zu machen und wartete darauf, dass sie erwachten. Aber Sam kam allein in die Küche, und die freudige Heimkehr wurde von Trauer verdunkelt – Rosie war am Mittsommertag gestorben.

„Ich bin so dankbar, das du zeitig genug angekommen bist für die Beerdigung, Herr Frodo. Es ist, als hättest du gewusst, dass ich dich brauche...“

Und Frodo hätte sich selbst treten mögen für seine langsame Reise am Tag zuvor, obwohl er in Wahrheit selbst dann zu spät gekommen wäre, wenn er die gesamte Strecke im Galopp zurückgelegt hätte. Zu der Zeit, als er und Radagast die Höhle erreichten, war Rosie bereits dahingeschieden. Er setzte Sam das Frühstück vor und schmeichelte solange, bis er etwas aß; er schüttelte die Knitter aus Sams bestem Anzug und half ihm, seine Krawatte zu binden. Er selbst musste sich eine Jacke von Jung-Frodo leihen; nach seinen Jahren in der Wildnis war er schlank und sehnig, und Sams Kleider hingen lose an ihm herunter.

Und so war er da, um neben Sam zu stehen, als Rosie zur Ruhe gebettet wurde. Als alles vorüber war und die Gäste nach Hause gegangen waren, als Sams Kinder die Kleinen in allen übrigen Schlafzimmern des Smials schlafen gelegt hatten, da war Frodo immer noch da, um im Zwielicht mit Sam zusammen zu sitzen und ihm einen letzten Schluck einzugießen, bevor er ihn ebenfalls in seine Schlafkammer geleitete. Aber am Morgen erwachte er von Geschirrgeklapper, und da war Sam neben seinem Bett mit dem Frühstückstablett, als wären all die Jahre weit weg nichts mehr als ein Traum.

„Was glaubst du eigentlich, was du da tust, Samweis Gamdschie? Ich bin derjenige, der dir das Frühstück ans Bett bringen sollte!“ rief er aus, setzte sich auf und langte nach dem Tablett.

„Nun, ich habe genug für uns beide, Herr Frodo – ich dachte, ich zieh mir einen Stuhl heran und esse mit dir, wenn’s dir Recht ist.“

Frodo lächelte. „Ich bin froh, dass du das vorschlägst, Sam, oder ich hätte dich dazu zwingen müssen. Dann komm mal her; Frühstück im Bett ist köstlich, solange du bereit bist, es mit mir zu teilen.“

Nach ein paar Tagen kehrten Sams Kinder in ihre eigenen Heime zurück, und sie waren allein miteinander. Frodo hatte das Gefühl, als sei die Zeit rückwärts gelaufen. Beutelsend war ihm so unendlich vertraut, als wäre er nie fort gewesen, aber als Frodo Sam fragte, ob er in den letzten sechzig Jahren überhaupt irgend etwas geändert hatte, da lächelte der.

„Also, natürlich hab ich das, Herr Frodo! Wir mussten Platz schaffen für all die Kinder, und ein Spielzimmer, damit sie einem in der Küche nicht dauernd vor die Füße kamen – für eine Weile hatten wir sogar ein Schulzimmer, in der zweiten Speisekammer gleich neben der Küche, damit Rosie ein Auge auf ihre Kocherei haben konnte, während sie ihnen beim Lernen half.

„Du hast gesagt, es gehört mir, weißt du, bevor du fortgegangen bist, und genauso bin ich auch damit umgegangen. Aber als die Kinder erst mal groß waren, da brauchten wir kein Spielzimmer oder Schulzimmer mehr, und in diesen letzten paar Jahren hab ich’s wieder so hergerichtet, wie es vorher war, so genau wie ich’s noch im Kopf gehabt hab. Ich wollte nicht, dass du dich nicht mehr auskennst, wenn du nach Hause kommst.“

Einen Moment konnte Frodo wegen des dicken Kloßes in seiner Kehle nicht sprechen; er legte Sam sanft einen Arm um die gebeugten Schultern, aus Angst, zu grob zu sein. Sam kam ihm so schwach und alt vor, dass er sich beinahe seiner eigenen, robusten Gesundheit schämte. „Nie hat es jemanden wie dich gegeben, Sam Gamdschie, nicht in der ganzen Geschichte des Auenlandes! Aber ich fürchte, du hast dich erschöpft, indem du all das für mich getan hast; jetzt, da ich daheim bin, wirst du dich ausruhen, verstanden? Die Arbeit überlässt du mir.“

„Das werd ich nicht tun, Herr Frodo! Zu denken, dass ich dir zuschau, wie du Holz hackst und Böden schrubbst, vom Kochen erst gar nicht zu reden – nein, Herr! Ich kümmer mich um dich, wie ich’s immer getan hab, wie ich’s all diese Jahre hab tun wollen – “ Tränen sprangen Sam in die Augen; er zog sie Taschentuch heraus und putzte sich die Nase.

„Schsch, Junge, schon gut, ich bin ja wieder da.“ Frodo führte Sam zur Sitzbank hinüber, setzte sich mit ihm hin und tätschelte ihm die Hand. „Also schön, dann kümmerst du dich eben um mich und weckst mich morgens auf, so wie früher – weißt du, das würde mir gefallen; ich habe dein .Guten Morgen, Herr Frodo, und ein schöner Morgen ist es!’ vermisst. Du hast immer dasselbe gesagt, ob draußen hell die Sonne schien oder vor dem Fenster ein heulender Schneesturm tobte!“

Er warf Sam einen komischen Blick zu, und Sam gluckste. „Aber das Abendessen koche ich, wenn es dir nichts ausmacht – ich kann kochen, weißt du! Und was das Schrubben und die schwere Arbeit angeht, dafür holen wir uns einen hellen, jungen Burschen aus dem Dorf, der sich darum kümmert. Ich möchte die Ponykutsche nehmen und ein wenig ausfahren; ich würde gern Merry und Pippin besuchen, herumwandern und ein paar meiner alten Jagdgründe sehen, und ich will, dass du mitkommst, Sam. Ich kann es nicht dulden, dass du dich mit der Hausarbeit verschleißt.“

Sam tat sich schwer damit, Frodo überhaupt irgend eine Arbeit tun zu lassen, aber Frodo stellte sich, als sei er angesichts der Zweifel an seiner Kochkunst schwer beleidigt. („Du solltest wissen, Samweis, dass Radagast mir selbst gesagt hat, er hätte seit Jahren nicht mehr so gut gegessen, als ich die Lagerküche übernahm. Warte nur, bis du meine Kartoffeln mit Käse und Pilzen gekostet hast!“) Endlich einigten sie sich, dass Sam das Frühstück und das Mittagessen zubereiten sollte, dass das Abendessen aber in Frodos Verantwortung lag.

„Umso mehr Grund für mich, dafür zu sorgen, dass wir mitten am Tag weit weg von Zuhause sind,“ sagte Frodo mit einem Lachen. „Du wirst in diesem Sommer mehr vom Auenland sehen als seit Jahren, mein Junge!“

Er log nicht, als er sagte, dass er Merry und Pippin besuchen wollte; er hatte während seiner Abwesenheit nicht oft an sie gedacht, aber jetzt, da er wieder zuhause war, sehnte er sich nach ihrer Gesellschaft. Er hatte sich in all den Jahren weit fort den Luxus von Heimweh nicht geleistet; jetzt brach es über ihn herein wie eine Flut, und er wäre es zufrieden gewesen, sie zu besuchen und gleich wieder nach Beutelsend zurückzukehren. Er war so lange gewandert, hatte so lange auf der Erde geschlafen, und es war himmlisch, sich in sein eigenes Bett zu legen und von Klappern des Frühstückstabletts aufzuwachen, das Sam hereintrug.

Aus eigenem Antrieb hätte er in diesem Sommer das Auenland nicht durchreist, aber Sam brauchte den Tapetenwechsel; Beutelsend war zu sehr von Rosie erfüllt. Sam zog in die kleine Schlafkammer neben der Küche, abseits vom großen Schlafzimmer und dem großen Bett, das er mit ihr geteilt hatte.

„Es ist zu einsam, Herr Frodo – dauernd strecke ich im Schlaf die Hand nach ihr aus, und ich wache auf davon. In dem kleinen Bett, in dem ich geschlafen hab, als du gerade erst der Herr hier warst, wird’s mir besser gehen – von da kam ich auch immer, um nach dir zu schauen, wenn du krank warst. So denke ich nicht immer, Rosie wäre bei mir.“

Sie verbrachten eine Woche in den Groß-Smials, und der Besuch war größtenteils ein Erfolg. Es war ein Schlag für Frodo, Pippin mit faltigem Gesicht und schütter werdendem Haar zu sehen – vor seinem inneren Auge war sein Vetter noch immer der frischgesichtige Bursche, der Beutelsend besuchte, und dem auf allen Betten die Laken zu kurz waren, oder vielleicht der schneidige Held der Schlacht von Wasserau. Aber Peregrin der Thain war so fröhlich wie der kleine Pip es früher gewesen war, und bald hatte Frodo seine ältliche Erscheinung vergessen.

Frodo fand die starren Sitten, die das Leben in den Smials beherrschten, ziemlich anstrengend, bis er sich daran erinnerte, dass die Etikette am Hof des Königs in Minas Tirith in gewisser Weise weniger förmlich war als beim Gefolge des Thain; danach fand er es komisch. Manchmal musste er sich auf die Lippen beißen, um nicht zu lachen, oder er musste still aus einem Raum schlüpfen, um seiner Belustigung ganz privat freien Lauf zu lassen.

„Du warst zu lange in der Wildnis, Herr Frodo; du hast vergessen, wie zivilisierte Hobbits sich aufführen!“ schalt Sam. „Du hast dir Zauberermanieren zugelegt, wie mir scheint.“

„Das habe ich wohl, Sam,“ gab Frodo zu. „Aber jetzt mal ehrlich, findest du das nicht auch wenigstens ein bisschen lächerlich – nein, ich sehe, das tust du nicht. Macht nichts – sei einfach froh, dass ich mir keine Orkmanieren angewöhnt habe!“ Er kicherte boshaft, als er sich Canohando beim Abendessen mit dem Thain vorstellte.

Der Besuch in Bockland verlief besser; Merry und Estella waren formvollendete, aber entspannte Gastgeber, und in Merrys Sohn Saradoc fand er für seine Geschichten von Mordor einen eifrigen Zuhörer.

Er hatte erwartet, das Sam sich freuen würde, von seinen Mühen bei der Wiederherstellung dieses elenden Landes zu hören; Sam war die führende Hand bei der Erneuerung des Auenlandes gewesen, nachdem die Räuber vertrieben worden waren. Aber Sam war nicht interessiert.

„Mordor! Je weniger ich über diesen Ort hör, desto besser gefällt’s mir, Herr Frodo. Wie du dorthin zurückgehen konntest, das ist mehr, als ich je begreife, und dann bleibst du auch noch dort, nicht weniger als sechzig Jahre! Hattest du denn kein Heimweh? Als ich deinen Brief gekriegt hab, in dem stand, dass du geheilt bist, da dachte ich, du kommst jeden Tag heim...“ Er wandte sich ab und verbarg sein Gesicht, und Frodo brannte das Herz.

„Ich - “ Er legte den Arm um Sam. „Ich konnte nicht an Heimweh denken, Sam. Ich konnte Radagast nicht allein gehen lassen, nach allem, was er für mich getan hatte. Nun, du wolltest mich auch nicht allein gehen lassen, weißt du noch? Und es war ein gutes Gefühl, zuzusehen, wie das Land wieder lebendig wurde, und zu wissen, dass ich dabei mithalf, dass es geschah. Und die Orks - “

Sam zog eine Grimasse. „Orks! Hätte ich gewusst, dass du an Orks gerätst, ich hätte damals auch nicht allein gehen lassen! Ich hätte nie gedacht, dass Radagast dich in Gefahr bringt, aber ich hätt’s wissen sollen – gerade so wie Gandalf, den Kopf immer bei seinen eigenen Angelegenheiten, und nie ein Gedanke daran, wer dabei zu Schaden kommt - “

„Sam!“ Frodos Gesicht war streng. „Ich hätte nie geglaubt, dich Sarumans Lügen wiederholen zu hören – wenn es das ist, was das Auenland von Gandalf denkt, dann habe ich das Rote Buch vollkommen umsonst geschrieben!“ Er ließ sich neben Sams Sessel auf ein Knie nieder und nahm eine runzlige Hand in die seine.

„Gandalf hat uns alle gerettet, alter Junge; zweifle niemals daran. Wenn ihm nicht klar geworden wäre, was für ein Ring es war, den Bilbo aus Gollums Höhle mitnahm - ! Wir hätten nicht auf die Fahrt gehen müssen; wir wären in unseren Betten ermordet worden, bevor wir das Auenland überhaupt erst verlassen hätten. Die Hobbits sind bei diesem Krieg sehr glimpflich davongekommen – denk daran, wie viele Menschen in diesem Kampf starben. Wir haben neunzehn Hobbits in Wasserau verloren; mehr nicht. Ohne Gandalf hätten wir alles verloren. Und Radagast hat sich um mich gekümmert, als wäre er mein Vater - “

Er erstickte fast an dem Wort, und Sam langte nach oben und schlang ihm einen Arm um den Hals.

„Na schön, Herr Frodo, du hast wohl Recht. Dein Sam ist genau so ein Narr wie eh und je, denk ich. Aber ich möchte so schnell nichts mehr über Orks hören, wenn’s dir nichts ausmacht.“

Also fuhr Frodo mit dem jungen Sarry Boot auf dem Fluss und erzählte ihm seine Geschichten von Mordor, aber Sam saß am Ufer und angelte. Nach ein paar Wochen fuhren sie in der Ponykutsche wieder nach Hause.

In Wahrheit wollte Sam überhaupt nichts über Frodos Abenteuer hören. Er lauschte abwesend den Geschichten über verletzte Tiere, über Nano und Gimli und über den Rhosgobel, aber wenn Frodo schwieg, weil er fürchtete, sein Publikum zu langweilen, dann lenkte Sam jede Unterhaltung auf Rosie.

„Das war ein Mädel!“ lachte er. „Oh, ich wünschte, du hättest sie sehen können, wie sie Elanor und Goldi beigebracht hat, den Springelring zu tanzen. Leichtfüßig wie Distelflaum, und das Haar flog ihr ins Gesicht...“ Er brach ab und lächelte, aber als Frodo anfing, den Tisch abzuräumen, blickte er auf.

„Sie war der Sonnenschein im Haus, Herr Frodo. Sogar an dunklen Tagen – weißt du, wir hatten ein paar schlechte Zeiten, als du weg warst. In einem Jahr hatten wir eine richtige Seuche hier; das hat uns eine ganze Weile umgeworfen, und viele Leute sind dran gestorben. Obendrein kam die Krankheit auch noch direkt nach einer Missernte; oh, das war wirklich eine üble Zeit! Rose... sie war überall in Hobbingen und Wasserau und kümmerte sich um die Leute, bis sie selbst krank wurde, und sobald es ihr wieder gut ging, hat sie weiter gemacht. Meine Rosie konntest du nicht zurückhalten.“

„Ich erinnere mich,“ Frodo stand da, die Teller in den Händen, und schaute sich in der alten Küche um. „Um mich hat sie sich auch gekümmert. Hat sie dir jemals erzählt, wie sie mich einmal aus einem Albtraum aufgeweckt hat?“

„Hat sie das? Nein, davon hat sie mir nichts erzählt. Wo bin ich da gewesen?“

„Du hast geschlafen. Es war nicht lange vor Elanors Geburt; Rosie kam nicht zur Ruhe und hörte, wie ich einen Riesenkrawall veranstaltete; ich fiel aus dem Bett und sie kam herein gerannt. Wir haben Tee gemacht, haben uns zusammengesetzt und eine Weile geredet.“ Er schluckte. „Sie war ein seltenes Mädchen, Sam; du hast Glück gehabt mit ihr. Ich wünschte, ich wäre rechtzeitig nach Hause gekommen, um sie wiederzusehen.“

Sam nickte, die Hand über den Augen, „Ich glaub, ich leg mich ein bisschen hin, Herr Frodo,“ sagte er einen Moment später. „Weck mich zum Abendessen, wenn’s dir nichts ausmacht, und vielleicht können wir hinterher mal zum Efeubusch hinunter laufen. Sollte ein netter Abend werden für einen Spaziergang.“

Der Sommer neigte sich seinem Ende entgegen. Die Felder wurden golden und sie fuhren die kleinen Seitenwege entlang und sahen bei der Ernte zu. Sie hatten Krüge mit Apfelwein und Körbe mit würzigen Fleischpasteten dabei; wenn die Sonne hochstieg, hielten sie in der Nähe von einigen Arbeitern an und luden sie ein, das Essen mit ihnen zu teilen. Jeder kannte Sam; er war fast fünfzig Jahre Bürgermeister im Auenland gewesen, und er kannte fast jeden mit Namen, dazu die Namen der Eltern und Großeltern.

Als die Blätter sich färbten, fuhren sie hinaus nach Schiefertonwald, blieben die Nacht über im Gasthaus und kehrten am Morgen durch Felder zurück, die weiß waren vom Frost. Ihr Atem bildete kleine Wolken vor ihren Gesichtern. Als sie nach Hause kamen, brachte Frodo das Pony hinaus auf die Weide und schob die Kutsche nach hinten in den Stall und aus dem Weg.

„Ich denke, das war’s für dieses Jahr, Sam. Zeit, bis zum Frühling gemütlich am Feuer zu sitzen, ein paar Gedichte zu lesen und ein Fass Langgrundblatt aufzubrechen. Hast du Lust auf eine Partie Schach nach dem Abendessen?“


Top           Stories          Nächstes Kapitel          Home