Von Geist zu Geist (Mind to Mind)
von shirebound, übersetzt von Cúthalion


„Nicht ich kann dies für euch entscheiden; doch will ich euch helfen, so gut ich kann.”
(Celeborn, „Die Gefährten“, „Abschied von Lórien“)

3. Kapitel
Unerwartete Begegnungen

7. September

„Samweis, warte.“

Die leise Stimme der Herrin war das Einzige gewesen, das Sam davon abhielt, ohne Mantel und Vorräte hinaus in den Sturm zu stürzen, um seinen Herrn zu finden und herauszubekommen, was geschehen war. In einem privaten Zelt sprach Elrond gedämpft mit Elrohir, während Gandalf, Galadriel, Celeborn und ein rastloser Sam in der Nähe warteten, vor dem Regen geschützt unter einem der großen, offenen Pavillons. Nach paar Minuten kamen Elrond und sein Sohn zum Vorschein und schlossen sich ihnen an; Elrohir sah bleich und gezeichnet aus.

„Herr!“ platzte Sam heraus, an Elrond gewandt und unfähig, noch einen Augenblick länger zu warten. „wann geh’n wir hinter ihnen her?“

„Jetzt, Samweis.“ sagte Elrond. „Elrohir glaubt, dass Elladan schwer verwundet worden ist, aber er kann nur spüren, dass er in Dunkelheit gefangen liegt.“ Er blickte zu Gandalf und Galadriel hinüber und sie schüttelten die Köpfe.

„Wir können nichts von Frodo spüren.“ beantwortete Gandalf die unausgesprochene Frage. „Er ist entweder ohne Bewusstsein oder...“ Er schaute grimmig drein.

„Ihr könnt ihn alle fühlen?“ fragte Sam verwirrt. „Überall?“

„Sam.“ Gandalf kauerte sich nieder und wendete sich an den Gärtner. „Frodos lange Bürde hat ihn mit uns verbunden, sozusagen. Als er beinahe von Sauron’s suchendem Auge ertappt wurde, auf dem Amon Hen, da konnte ich mit ihm sprechen’ und ihn dazu drängen, den Ring vom Finger zu nehmen. Er tat es, aus freiem Willen. Er wusste nicht, dass es meine Stimme war, weil Ihr alle dachtet, ich sei tot, aber Entfernung hat keine Bedeutung. Wäre er bei Bewusstsein, dann könnte ich ihn spüren und ihm vielleicht eine Nachricht senden.“

„Oder eine empfangen.“ fügte Galadriel gedankenvoll hinzu. „Gandalf, Frodo muss ebenso wissen, dass dies möglich ist – wie ungeübt oder unfähig er auch sein mag. Er wird Kontakt mit uns aufnehmen, wenn er dazu imstande ist.“

Sam verstand lediglich genug von all dem, um zu wissen, dass keine Zeit zu verlieren war. „Also ist er verletzt... ist das so? Worauf warten wir noch?“

„Auf nichts.“ erwiderte Elrohir. „Elladan sagte, sie wollten zu Fuß des Berges, um nach Höhlen zu suchen, und dort werden wir nach ihnen Ausschau halten.“ Er blickte ostwärts. Dann wandte er sich zu Elrond. „Vater, wir müssen gehen. Jetzt.“

„Das werden wir.“ sagte Elrond. „Obwohl ich bezweifle, dass irgendwelche Spuren diesen Wolkenbruch überlebt haben, werden du und ich zu Fuß gehen, um nichts zu übersehen. Sam kann...“

„Sam kann mit Euch kommen,“ erklärte Sam und verschränkte die Arme vor der Brust, „und denkt bloß nicht drüber nach, mich zurückzulassen. Ich bin nicht so weit gekommen mit Herrn Frodo, um hier zu bleiben, wenn er in Schwierigkeiten steckt.“

„Ich würde nicht einmal auf die Idee kommen.“ Elrond lächelte ihm zu. „Ich wollte gerade vorschlagen, dass du auf deinem Pony reitest, denn wir werden rasch sein. Wir werden auch mehrere Pferde mit uns führen, für den Fall, dass es Verwundete gibt, die wir zurückbringen und um die wir uns kümmern müssen.“

„Sam und ich werden Vorräte zusammenstellen, und zwar schnell.“ sagte Elrohir. „Wir sollten Medizin mitnehmen, und zusätzliche Nahrung für...“

Celeborns scharfe Augen erspähten plötzlich etwas ganz am Rande des Lagers, zwischen den dicken Baumstämmen. Er fing an zu rennen, von allen anderen gefolgt. Als Sam zu ihm aufholte, starrte er mit Staunen und Bestürzung auf das, was Celeborn vom Boden aufhob und behutsam in seinen Armen wiegte. Die kleine Gestalt war durchnässt und schlammbespritzt, und ihr rechter Arm war blutüberströmt.

Es war Pippin.

*****

Pippin war in völliger Finsternis erwacht, verwirrt und kaum imstande zu atmen. Irgendetwas war über ihm und um ihn herum... Mit einer plötzlichen, krampfhaften Bewegung, die einen scharfen Schmerz durch seinen rechten Arm schießen ließ, befreite er sich von Erde, kleinen Felsen und von den Stücken der zusammengebrochenen Mauer, die ihn fast unter sich begraben hatten; ihm fiel ein, wo er war. Er blinzelte und schaute sich um, aber alles war dunkel und still. „Merry!“ rief er aus und kam schwankend auf die Füße. „Frodo?“ Das einzige Licht, das er sehen konnte, die Glut ihres sterbenden Feuers, half ihm, sich zu orientieren, und er stolperte darauf zu.

“Pippin?”

Pippin wirbelte herum, als er hörte, wie jemand schwach und fast unhörbar seinen Namen flüsterte. „Elladan!“ rief er. „Wo bist du?“ Er tastete auf dem Boden herum, fand einen langen Ast und stieß ihn in die Glut. Das trockene Holz wurde lebendig und flammte auf, und Pippin hob den brennenden Ast hoch und schaute sich um. „Elladan!“ Er rannte zu dem Elben hinüber und fiel beim Anblick seines Freundes entsetzt auf die Knie. Elladan war totenbleich, sein Gesicht eine Maske aus Schmerz und Entschlossenheit. Pippin warf den Ast beiseite und drückte verzweifelt gegen das Ende des Balkens, der den Elb am Boden hielt, aber er bewegte sich nicht.

„Elladan,“ sagte Pippin rasch, „Ich muss Merry und Frodo finden. Sie können mir helfen, das von dir herunterzubewegen.“

„Pippin,“ flüsterte Elladan, „hör mir zu. Du musst zum Lager zurücklaufen und Hilfe holen.“ Seine Worte kamen stockend, seine Atemzüge unregelmäßig. „Du musst allen sagen... Saruman ist hier. Er hat... er hat mitgenommen... Frodo... Merry...“

„Was?“ Pippin schnappte verblüfft nach Luft. „Wo hat er sie hingebracht? Waren sie verletzt?“

„Ich weiß es nicht.“ erwiderte der Elb. „Ich glaube, ich habe Merrys Stimme gehört, und jemand anderen... ich weiß nicht... es tut mir leid, Pippin. Du musst Hilfe holen, du musst...“ Er rang darum, zu sprechen. „So dunkel... ich... ich kämpfe... ich weiß nicht, wie lange ich noch kann...“

„Halt durch, Elladan, ich bin gleich wieder da.“ sagte Pippin plötzlich. Er hob den brennenden Ast noch einmal auf und stand auf; er bahnte sich seinen Weg durch die Felsen und Bildnisse, die kreuz und quer zu seinen Füßen lagen. Er krabbelte mühselig über Trümmerhaufen und unter ihnen hindurch, er quetschte sich durch ein kleines Loch und endlich taumelte er hinunter in den Höhleneingang. Er kniete sich vor den Haufen von Waffen und Überkleidung, der noch immer dort lag, raffte alle Kleidungsstücke zusammen und stand auf.

„Oh...“ flüsterte er, plötzlich benommen. Er holte tief Atem und folgte seiner eigenen Spur dorthin zurück, wo Elladan lag.

„Das sollte dich warm halten.“ sagte Pippin beruhigend und bedeckte jeden Teil des Elben, den er erreichen konnte, mit den trockensten Mänteln und Jacken. „Und nimm das.“ fügte er hinzu und zog etwas aus Frodos Jackentasche. „Da ist ein Stern drin, weißt du. Du musst durchhalten, bis ich Hilfe bringe.“ Damit drückte er dem Elben die Phiole ind die Hand; ein Licht erblühte, wuchs und flammte plötzlich hell auf. Elladan umklammerte das Sternenglas so fest er konnte; er spürte, wie ein wenig Wärme und Kraft zu ihm zurückkehrten, als die letzten Überreste von Sarumans Zauber sich auflösten.

„Pippin!“ Elladan rang plötzlich nach Atem. „Dein Arm...“

Pippin schaute auf seinen rechten Arm hinunter, der vom Lichtkranz der Phiole beleuchtet wurde; er jetzt bemerkte er das Blut. Als der letzte, mächtige Blitz eingeschlagen war, hatte er direkt neben einer der schweren Zwergenlaternen gestanden. Ein Felsbrocken hatte sie zerschmettert und er war auf die dicken, spitzzackigen Glasscherben geschleudert worden. Eine davon hatte sich in seinen Arm gebohrt, und er blutete heftig.

„Verbinde ihn,“ flüsterte Elladan, „schnell. Er sieht...“

„Das werd’ ich.“ sagte Pippin. „Nicht reden, Elladan.“ Er hielt dem Elb eine Wasserflasche an die Lippen und brachte ihn dazu, etwas zu trinken, dann stellte er die Flasche direkt neben Elladans Hand. „Halt durch.“ wiederholte er. Er warf schnell jeden Stock oder Zweig, den er finden konnte, auf das sterbende Feuer, bevor er einen der Mäntel aufhob und um seinen Arm wickelte. Der pochende Schmerz wurde durchdringend, und Pippin zuckte zusammen; er bahnte sich einen Weg zum Höhleneingang. Mit einem Blick zurück, beinahe überwältigt von der Angst um Merry und Frodo, stolperte er den regenschlüpfrigen Pfad hinunter, zurück in Richtung Lager.

*****

Celeborn trug Pippin eilig in das nächstgelegene Zelt und legte den Hobbit auf eines der Betten. Elrond rief nach warmem Wasser und schickte nach Verbandsmaterial aus dem Lagervorrat. Er breitete schnell mehrere Decken über Pippin, der sehr bleich war und heftig zitterte, dann riss er die Überreste vom rechten Hemdsärmel des Hobbits ab, damit er den kleinen Arm untersuchen konnte.

„Hört zu,“ flüsterte Pippin mit schwacher Stimme. „Ihr müsst...“

Gandalf setzte sich auf das Bett und langte unter die Decken, um Pippins kalte linke Hand in seine beiden großen und warmen Hände zu nehmen. „Pippin,“ sagte er sanft, „sag uns, was passiert ist.“

„Saruman,“ flüsterte Pippin. Er hörte Nach-Luft-Schnappen und leises Murmeln von den anderen, aber Gandalf nickte ihm zu, fortzufahren. „Wir haben eine Höhle gefunden, und die wurde vom Blitz getroffen, glaube ich.“ Pippin zuckte zusammen, als Elrond seine Finger um seinen Oberarm schloss und versuchte, den Blutstrom einzudämmen. „Ich... ich bin aufgewacht, und Elladan war unter etwas Schwerem eingeklemmt.“

Elrohir sagte etwas, aber Galadriel bedeutete ihm, still zu sein und Pippin weiterreden zu lassen.

„Ich konnte ihn nicht befreien, Gandalf.“ Pippins Stimme fing an zu schwanken. „Ich hab getan, was ich konnte, aber er hat gesagt, ich soll Hilfe holen. Er sagte, Saruman hätte Merry und Frodo irgendwo hingebracht. Er sagte...“ Die Benommenheit wurde stärker und Pippin fühlte den überwältigenden Drang zu schlafen. „Ich hab Merrys Mantel im Wald verloren... ich muss hingefallen sein. Ich bin so schnell gerannt wie ich... so schnell wie ich... aber mir wurde so schwindelig. Gandalf, rette... rette sie...“

„Das werden wir.“ versicherte ihm Gandalf.

„Herr Frodo und Herr Merry,“ sagte Sam ängstlich. „Sind sie verletzt?“

„Elladan hat Merry gehört, aber er wusste nicht...“ Pippin kämpfte darum, wach zu bleiben. „So kalt...“

„Wir werden sie finden.“ versprach Gandalf. „Und du, Peregrin,“ sagte er streng, ein Versuch, die Konzentration des Jungen festzuhalten. „hierher zurückzustürmen durch den Regen, ohne deine Jacke? Was würden deine Eltern sagen?“

Pippin lächelte; er wusste, dass Gandalf nicht wirklich böse auf ihn war. Das verschwommene Gesicht des Zauberers kreiste langsam und verblasste, als er es endlich aufgab, sich an sein Bewusstsein zu klammern. Seine Augen schlossen sich flatternd und er glitt in die Dunkelheit.

Elrond legte einen Finger auf den Puls an Pippins Hals und runzelte die Stirn. „Diese Verletzung muss sofort gereinigt und genäht werden.“ sagte er fest. „Irgendetwas hat tief in Pippins Arm geschnitten, und dadurch hat er eine Menge Blut verloren. Sobald die unmittelbare Gefahr einmal vorüber ist, muss er beobachtet und warm gehalten werden, dann braucht er starke Tees und kräftigende Nahrung, um ihm zu helfen, seine Stärke wiederzugewinnen.“ Er schaute Gandalf grimmig an. „Ich möchte unseren Aufbruch nicht verzögern, aber wenn Pippin nicht sofort behandelt wird, könnte er sterben.“

„Sterben?“ flüsterte Sam.

„Wir werden rasch arbeiten, Sam.“ versicherte Elrond dem Hobbit.

„Aber Herr, es ist keine Zeit zu verlieren!“ schrie Sam voller Angst, gefangen zwischen seinem Bedürfnis, and Frodos Seite zu eilen und Pippins Bedürfnis nach rascher Pflege. „Wir können Herrn Frodo und Herrn Merry nicht in den Fängen dieses Schurken lassen! Sie könnten verwundet werden!“

„Er hat Recht, Vater.“ sagte Elrohir drängend, „Du hast gehört, was Pippin über Elladan gesagt hat. Wir dürfen nicht zu spät kommen.“

„Dann geht ohne mich.“ entschied Elrond. „Pippin braucht...“

„Ich werde mich um seine Verletzung kümmern,“ sagte Celeborn plötzlich und trat vor. „Wenn Saruman den Ringträger gefangen genommen hat...“ Er blickte von Galadriel zu Elrond und dann zu Gandalf und nickte, als käme er zu einem Entschluss. „Es ist Gefahr im Verzug, und die Wächter der Drei werden gebraucht; ich kann es spüren. Wenn ihr meinen Rat annehmen wollt, dann nehmt Samweis und Elrohir mit und geht sofort.“

Elrond nickte. Ohne ein weiteres Wort stürzte Sam hinaus, um sein Pony reisefertig zu machen, während die anderen eilig an Vorräten zusammentrugen, was sie für nötig hielten. Galadriel umarmte schnell ihren Gatten, bevor sie davonging.

Celeborn beugte sich über Pippin und legte eine sanfte Hand auf seine Stirn. „Du hast große Stärke gezeigt, als du so schwer geschwächt von deiner Wunde ins Lager zurückgekommen bist, mein Junge.“ sagte er leise zu dem besinnungslosen Hobbit. „Obwohl ich nicht ein solcher Heiler wie Elrond bin, bin ich nicht ohne Fähigkeiten, und ich werde mich gut um dich kümmern.“ Er lächelte in sich hinein, als Bedienstete Wasser, Verbandsmaterial und Nähzeug brachten. „Ich würde deinen Vettern nicht entgegentreten mögen, wenn du nicht hier wärest, um sie zu begrüßen.“

*****

Frodo erwachte langsam; zuerst nahm er nur wahr, dass er sich gleichzeitig heiß und kalt fühlte, und seine Hände waren taub. Als er sich zwang, die Augen zu öffnen, bemerkte er als erstes ein Feuer, vielleicht ein Dutzend Fuß weit weg, und einen fremden Menschen, der dicht daneben saß und ihn anstarrte. Er versuchte sich zu bewegen und begriff mit Schrecken, dass seine Hände vor ihm mit Stoffstreifen gefesselt waren.

„Frodo, bist du in Ordnung?“ Merrys Stimme kam von direkt über ihm und Frodo merkte, dass er mit dem Kopf in Merrys Schoß lag, in einer Art Höhle. Er schnappte nach Luft und setzte sich auf; um seinen Kopf drehte sich alles.

„Langsam...“ sagte Merry ruhig, als Frodo gegen ihn sackte. „Etwas hat dich getroffen, als dieser letzte Blitzschlag die Höhe erschüttert hat.“

„Was ist passiert?“ Frodo sah sich um und nahm den fremden Raum in sich auf. Er schien groß zu sein, aber abgesehen von dem Menschen in ihrer Nähe schien sich nichts darin zu befinden. „Merry, was...“ Frodos Augen weiteten sich, als er versuchte, seine Hände zu befreien und feststellte, dass auch Merrys Hände gebunden waren. „Oh Merry,“ flüsterte er und drehte sich um, um seinen Vetter anzuschauen. „Hast du Pippin gesehen? Und Elladan?“

„Schschhh.“ Merrys warnende Stimme war sehr leise. „Elladan wurde unter irgendetwas eingeklemmt. Saruman hat ihn da draußen zurückgelassen.“

„Saruman?“ Frodo rang nach Luft. Er drehte sich, um den fremden Mann anzusehen.“

„Das ist er nicht.“ sagte Merry. „Hast du uns über Gríma reden hören? Saruman und er müssen in der selben Höhle Unterschlupf gesucht haben, nur weiter drinnen. Sie kamen heraus, um nachzusehen, ob der Sturm den Eingang blockiert hatte, und sie fanden uns.“

„Was ist mit Pippin?“ flüsterte Frodo voller Angst. „Er war...“

„Ich denke nicht, dass Saruman ihn gesehen hat, Vielleicht ist Pip in Ordnung und hat die Möglichkeit, Hilfe zu holen.“

„Ich hoffe es,“ murmelte Frodo inbrünstig, dann flüsterte er, „Mir ist so kalt. Können wir uns dichter ans Feuer wagen?“

„Ich habe sie gebeten, uns mehr in der Nähe sitzen zu lassen, aber Saruman hat Gríma befohlen, uns auf Abstand zu halten.“ Merry starrte zu Schlangenzunge hinüber. „Es kümmert sie nicht. Ich weiß nicht, was sie mit uns machen wollen.“

Frodo seufzte. „Elrond sagte letzte Nacht, ich würde mich so warm anfühlen. Ich habe ... seltsame Dinge erfahren.“

„Wieder in der Pfütze durchweicht zu werden, war nicht besonders hilfreich.“ Merry versuchte, dichter an seinen Vetter heranzukommen. „Hör zu,“ flüsterte er, „Für den Fall, dass du dich befreien und wegrennen kannst, ich habe mir die Abbiegungen gemerkt, die wir genommen haben, um herzukommen.“

„Ich würde dich nicht verlassen, Merry, aber erzähl es mir, schnell.“ flüsterte Frodo drängend; eine seltsame Idee nahm Form an in seinem Geist.

„Der Weg war gerade,“ flüsterte Merry zurück, „dann haben wir die erste rechts genommen, dann links, dann wieder rechts.“

„Gut.“ Frodo nickte. „Ich kann es jetzt nicht erklären, aber es könnte mir vielleicht möglich sein, Gandalf wissen zu lassen...“

„Du bist also wach.“ kam eine sanfte Stimme.

Frodo blickte hoch und merkte, dass ein zweiter Mann aus einem Durchgang hervorgekommen war, der tiefer in den Berg hineinführte. Er war sehr groß, sein Haar war überwiegend weiß und er hatte stechende, schwarze Augen. Saruman. Alles, worauf sich Gandalf beim Rat bezogen hatte und die zahlreichen Geschichten von Isengards Sturz blitzten auf in seinem Geist. Frodo nahm die eigenartig schimmernden Gewänder in sich auf, deren Farbe schwer zu erkennen war, und er entdeckte einen Ring an der rechten Hand des ehemaligen Zauberers.

„Hast du viele Schmerzen, mein junger Freund?“ wandte sich Saruman an Frodo, seine Stimme freundlich und besorgt. „Ihr wart beide in großer Gefahr, noch weitere Verletzungen zu erleiden, als wir euch fanden.“

Frodo starrte ihn an, ungerührt von dem sanften Tonfall. „Es geht mir gut genug.“ sagte er, „und wir würden Euch jetzt gern verlassen.“

„Würdet Ihr?“ Saruman stand eine Weile schweigend und betrachtete die Halblinge gedankenvoll. Der, den er nicht kannte, war vom Regen und von der Pfütze durchweicht, in die er geschleudert worden war --- er zitterte vor Kälte, seine Augen wachsam und auf der Hut. Der andere...

„Du trägst die stolze Tracht von Rohan, meinen tapferen Nachbarn.“ Saruman sprach zu Merry. „Dass sie jemanden auf diese Weise ehren, der nicht aus ihren Landen stammt, sagt mir viel über deine würdigen Taten.“ Saruman konzentrierte sich vollkommen auf den Strom seiner Worte und beobachtete Merry sorgfältig, um ihre Wirkung zu ermessen. Er wusste, es gab nur wenige, wie stark ihr Wille auch sein mochte, die imstande waren, dem Zauber seiner Stimme zu widerstehen, wenn er absichtsvoll auf sie allein gerichtet war. „Dein Freund trägt nicht solche Gewänder – ist er an Euren Rockschößen gehangen und hat nur eine kleine Rolle im Krieg gespielt?“

Merry starrte den Zauberer an. „Er steht weit über aller Ehre,“ erklärte er, getroffen davon, dass Frodo so beschuldigt wurde. „Er hat getan, was sonst niemand tun konnte, nicht einmal Zauberer.“

„Merry!“ Frodo schrie auf – zu spät.

„Hat er das?“ fragte Saruman leise. Er wandte sich wieder zu Frodo zurück und betrachtete ihn gründlicher; endlich ruhte sein Blick auf der rechten Hand des Hobbits – und auf der Stelle, wo der Finger fehlte.


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