Zwillingsherz
Eine Liebesgeschichte in drei Teilen, die es nie gab

von Cúthalion


Thema: Was die Hauselfe sah
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Augenblick der Wahrheit

Winky hockt in der betriebsamen Küche dicht am Kamin, betäubt angesichts der Katastrophe, die ihr Leben auf den Kopf gestellt hat. Was wird der Meister tun ohne ihre Hilfe, wie wird er mit dem gefährlichen Geheimnis umgehen, das sie ihm all diese Jahre zu bewahren geholfen hat? Wer wird für ihren Schützling sorgen, nun, da sie aus ihrem hingebungsvollen Dienst verstoßen worden ist?

Neben der Eingangstür gibt es einen kleinen Aufruhr; drei Schüler sind herein gekommen, und ein Schrei des Entzückens hallt von den Steinwänden wider: Dobby hastet auf einen Jungen mit schwarzem, zerzausten Haar zu und wirft ihn in seiner ungebremsten Begeisterung beinahe über den Haufen. Winky erinnert sich an diesen Jungen... er hat neben ihr und ihrem Schützling gesessen, an jenem verhängnisvollen Tag beim Finale der Quidditch-Weltmeisterschaft. Harry Potter. Sie versucht, Dobbys hirnloses Geplapper über seine neu erworbene Freiheit auszublenden, über das Geld, das er die Unverschämtheit hat zu verlangen, und obendrein die Schamlosigkeit, es auch noch anzunehmen.

Als sie zu ihr herüber kommen, um mit ihr zu reden, wird sie erneut von Verzweiflung überwältigt, und das Meiste von dem, was sie zu sagen versucht, geht in einer Tränenflut unter. Und oh – wenn dieses abscheulich dumme Mädchen sie doch nur in Ruhe lassen würde! Warum besteht sie darauf, eine heilige und überaus gerechtfertigte Tradition zu ändern? Sogar der Junge Der Lebt und sein schlaksiger, rothaariger Freund fühlen sich eindeutig nicht wohl bei solch skandalösen Ideen, und bald verschwinden sie alle wieder. Erst, als das Mädchen mit einem dramatischen Flattern ihrer Schulrobe zur Tür hinaus gerauscht ist, entdeckt Winky einen kleinen Anstecker auf dem Fußboden; das Mädchen muss ihn verloren haben.

Sie beugt sich hinunter und hebt ihn auf; die Buchstaben B.E.L.F.E.R stehen auf einem Hintergrund von grellem Grün geschrieben. Ihre Instinkte befehlen ihr, den Anstecker wegzuwerfen, doch der starke Drang zu dienen und zu gehorchen hält ihre Hand auf. Schließlich entscheidet sie sich, ihn zu behalten und, wenn möglich, zurück zu geben.

Nicht einmal eine halbe Stunde später stürmen Die Zwillinge die Küche; jeder Hauself kennt diese beiden legendären Tunichtgute. Ihr Haar ist so rot wie das von Harry Potters Freund, aber ihnen fehlt die spürbare Unsicherheit, die ihn umgibt. Sie fragen nach Süßzeug und Keksen, wie üblich, und ehe sie wieder gehen, fängt Winky den Blick von dem Jungen ein, der am dichtesten bei ihr steht. Sie hält ihm wortlos den Anstecker hin, und er nimmt ihn von ihrer Handfläche.

„Ach du Schande – einer von Hermines dämlichen B.E.L.F.E.R.-Ansteckern!“ bemerkt der andere Zwilling mit einem Grinsen; er balanciert einen riesigen Servierteller mit Pasteten vor der Brust. „Ab in den Müll damit, Fred – gehen wir.“

Er wendet sich ab, aber der Junge, der Fred heißt, folgt ihm nicht sofort; er starrt mit einem Ausdruck auf den Anstecker herunter, der aussieht wie eine merkwürdige Mischung aus Belustigung und Sehnsucht, und plötzlich verziehen sich seine Lippen zu einem langsamen Lächeln.

Er geht in Richtung Tür, aber das letzte, was Winky sieht, ist seine Hand, die den Anstecker heimlich in seiner Hosentasche verschwinden lässt – so, als wäre es ein überaus seltener Schatz.


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