Das Vermächtnis (The Legacy)
von Anglachel, übersetzt von Cúthalion

3. Kapitel
Bürgermeister, Herr und Thain

Später Vormittag, Hochtag, der 9. Tag im Halimath

Bilbo hatte nie viel Grund habt, sich um Respektabilität zu kümmern - bis jetzt. Er und Rory saßen im Rorys Studierzimmer; beide hielten ein Glas feinen Branntwein aus Schären in den Händen und Bilbo suchte nach einem Weg zu besprechen, was ihm auf der Seele lag.

„Ich weiß nicht, wie du das machst, Beutlin,“ Rory lachte wehmütig, „aber du wirst wirklich nicht viel älter.“

Bilbos Lächeln war blass; er wünschte sich, er wüsste selbst, warum es so war, um den Vermutungen ein Ende zu machen. Manchmal überlegte er, ob er einfach sagen sollte, es sei das Essen der Elben gewesen. Das machte einigen Sinn für ihn; warum also sollte irgend jemand etwas anderes annehmen? „Komm schon, Rory, du weißt, die Beutlins sind langlebig! Gib noch ein bisschen Alten Tuk dazu, und dann hast du’s!“ Er nahm einen Schluck Branntwein und versuchte, seine Gereiztheit nicht zu zeigen.

Rory beäugte ihn. „Ich bin genauso nahe mit dem Alten Tuk verwandt wie du, und ich sehe aus, als hätte mich ein Pferd niedergetrampelt. Dabei bin ich jünger als du.“ – „Es ist der Starren in dir,“ witzelte Bilbo. „Er lässt dich wegschmelzen wie Schlamm vom Flussufer.“ Er ließ seinen Branntwein im Glas herumwirbeln und sprach mit leiser Stimme. „Und ich habe nicht so viele Sorgen wie du, Bruder. Ich bin ein Bursche ohne Verantwortung. Du musst ganz Bockland überwachen.“ Die Blicke der beiden alten Hobbits ruhten eine Weile ineinander, und Rory nickte.

„Ganz Bockland, Bruder. Und ich sehe zu, wie mir mein Herz vor den Augen verdirbt. Und ich versuche, dem falschen Sohn beizubringen, die Arbeit des Herrn zu tun. Ja, ich habe meine Sorgen.“

Bilbo stellte sein Glas ab und schob seinen Stuhl dichter an den von Rory heran; dann nahm er die Hand des anderen in seine. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, alter Freund. Ich wünschte, es gäbe etwas, was ich tun könnte, aber lustige Geschichten machen nicht gesund, und selbst wenn mein Vermögen so groß wäre, wie die Leute es sich einbilden, könnte ich keinen Verstand kaufen, um ihn Sara zwischen die Ohren zu stopfen.“

Rory betrachtete ihn aufmerksam. „Du hast uns manches geschenkt, was man wahrscheinlich kaum mit Geld bezahlen kann, Bilbo.“ Er drückte seine Hand. „Sei nicht so sicher, dass deine Geschichten nicht heilsam sind. Gilda war seit Monaten nicht mehr so lebhaft. Gestern Abend nach dem Essen ist sie ein bisschen allein gelaufen, weißt du das? Du hast sie zum Lachen gebracht und sie ihre eigenen Sorgen eine Zeitlang vergessen lassen, und das ist die beste Medizin, die sie kriegen kann. Sie so lachen zu sehen, und wie sie dich beschimpft, ah... ich habe mich auch jünger gefühlt.“

„Wo wir gerade vom Jünger fühlen reden, du unruhestiftender Sohn eines Tuk... ich hatte eine Menge Spaß dabei, Frodo davon zu erzählen, wozu wir den alten Bedienungs-Korridor hinter der zweiten Küche benutzt haben, als wir in seinem Alter waren,“ informierte Bilbo fröhlich Rory, der aufstöhnte und ihm mit dem Finger drohte, „und er konnte nicht glauben, dass sein süßer, netter, wohlerzogener, altehrwürdiger Onkel Rory jemals ein aufrührerischer Milchbart war. Also musste ich ihm natürlich ein paar gute Beispiele aus deiner liederlichen Jugend geben.“ Bilbo starrte gedankenvoll zur Decke hinauf. „Ich glaube, jetzt hat der Junge ein paar Abenteuer zum Ausprobieren.“

„Verdammter Beutlin!“ gluckste Rory. „Nun werde ich den Lausebengel niemals dazu kriegen, sich zu benehmen!“

Bilbo erwog, seine Gründe, warum Frodo mit ihm nach Hobbingen zurückgehen sollte, offen zu legen, aber er entschied, dass die Zeit dafür noch nicht reif sei. „Ach ja, die Jahre unserer eigenen Streiche sind vorüber, und es ist Zeit für eine neue Generation von Lausejungen, unsere grässlichen Taten fortzusetzen,“ begann er in feierlichem Ton, was ihm einen Klaps von Rory eintrug. „Es passieren wirklich Dinge in der Welt um uns herum,“ fuhr er fort und langte hinüber, um seinen Branntwein zu retten, „wie meine Reisen mir gezeigt haben.“ Er nippte an dem Glas, die Augen auf Rory gerichtet, der ihn einfach mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck ansah.

„Du weißt, ich bin weiter vom Auenland fortgereist als irgend ein anderer Hobbit, der jetzt lebt,“ begann Bilbo mit selbstsicherer Stimme, „und ich habe erstaunliche Dinge gesehen. Die Leute mögen meine Geschichten über Drachen und Trolle und aufregendes Entkommen, und es macht mir Freude, sie zu amüsieren. Aber ich habe auch Dinge gesehen, die schwieriger zu erklären sind, zu groß, um sie leicht zu begreifen. Ich habe immer wieder mit dem Zauberer gesprochen, und mit Zwergen, und sogar mit ein paar Elben, die durch das Auenland gekommen sind. Sie sehen Dinge, sie hören Dinge... Dinge, die hier nicht bekannt sind, aber sie werden auch auf uns ihre Auswirkung haben.“

Rory beobachtete ihn scharf und bedeutete Bilbo, fortzufahren. „Die grauen Reiter, von denen du gestern gesprochen hast, Rory. Das ist eins dieser seltsamen Dinge. Wieso sind sie hier? Was tun sie? Wer sind sie? Wer hat sie geschickt? Ich habe schon über diese Kerle mit den grauen Mänteln reden hören, aber niemand weiß irgendetwas Sicheres.

Die Zwerge bringen Nachrichten von Bauarbeiten, Frieden und Wohlergehen, wo einst der Drache herrschte. Es gibt eine neue Stadt in Dâl, und Esgaroth ist noch lebhafter als früher. Das sind die guten Neuigkeiten. Aber sie bringen auch Nachricht von schattenhaften Geschöpfen, die im großen Düsterwald zahlreicher und frecher werden, und sie sprechen von Gerüchten über große Heere im fernen Osten. Gandalf sagte, böse Dinge seien im Süden erwacht, und er hat mich gebeten, sicher im Auenland zu bleiben. Die meisten der Neuigkeiten von Bree sind nicht besser als Märchen, die man sich ausdenkt, um Kinder zu erschrecken, und was übrig bleibt, sind einfache Geschichten wie ein Pony im Schankraum und ein paar Hühner, die einer Witwe ausgerissen sind. Aber es gibt auch Nachrichtenschnipsel, die von anderen Leuten erzählen – von seltsamem Volk, das den Grünweg von Süden heraufkommt.“ Bilbo lehnte sich zurück und ließ, was er gesagt hatte, in Rorys Kopf einsinken.

Der andere Hobbit starrte ein wenig in den Kamin, dann schüttelte er leicht den Kopf und füllte ihre Gläser nach. Wortlos reichte Bilbo seine Pfeife hinüber; er wusste, dass Rory etwas mit seinen Händen tun wollte, während er nachdachte. In all den Jahren hatte sich das nie geändert. Rory musste etwas in den Händen halten, wenn es an’s Überlegen ging. Eine Pfeife zum Füllen, einen Harnisch zum Reparieren, eine Fiedel zum Herumfingern oder sogar ein paar Kiesel zum Werfen – es war nicht wichtig, was es war, solange er seine Finger darum schließen konnte, während er seine Gedanken um das kreisen ließ, was bedacht werden musste. Er beobachtete seinen Vetter, ihm so lieb wie ein Bruder, der langsam und sorgfältig ihre Pfeifen stopfte und den Tabak festdrückte. Alter Toby natürlich. Rory rauchte in diesen Tagen nichts Geringeres.

„Also, Bilbo, was landet auf unserer Türschwelle? Wölfe? Orks? Drachen?“

„Veränderung.“

Rory warf ihm einen entnervten Blick zu. „Veränderung? Wieso keine Wölfe? Mit Wölfen können wir umgehen.“

Bilbo lächelte schwach über den Witz. Er erinnerte sich an die weißen Wölfe... es war nicht gar so leicht, mit ihnen umzugehen. Ich wünschte, ich hätte Stich damals gehabt. „Nun... es ist nicht gesagt, dass sie kein Teil davon wären, Rory. Aber der Grund, weshalb wir Wölfe kriegen könnten – aber keine Drachen, denke ich – ist, weil Veränderungen bevorstehen.“

„Veränderung passt nicht gut zum Auenlandvolk. Nicht einmal zu den Bockländern.“

„Ich weiß. Aber ob es passt oder nicht passt, es geschieht.“ Bilbo hielt inne, um an seiner Pfeife zu ziehen, ein Auge auf Rory gerichtet. „Und wir Hobbits werden in dieser Angelegenheit kaum eine Wahl haben.“

„Nun, es kann ja da draußen passieren,“ Rory gestekulierte vage in östlicher Richtung, „und uns in Ruhe lassen.“

Bilbo schüttelte den Kopf. „Nein, diesmal werden wir nicht entkommen. Nicht wenn ein Zauberer es für nötig hält, uns davor zu warnen.“ Rory starrte einen Augenblick ungläubig zurück, dann seufzte er und schüttelte ebenfalls den Kopf. „Es ist wahr,“ sagte Bilbo drängend. „Gandalf hat keinen Grund, uns anzulügen.“

„Nein, du missverstehst mich, Bruder,“ erwiderte Rory betrübt, „ich werde, was das angeht, nicht an dir zweifeln. Im Gegenteil, ich glaube dir nur zu sehr, und ich mag nicht, was mir das sagt.“

„Ob wir es mögen oder nicht, ob wir wollen oder nicht, es geschehen überaus mächtige Veränderungen; wir hier im Auenland werden uns irgendwie auch verändern müssen.“ antwortete Bilbo, „Und ich denke nicht, dass es weise wäre, diese Veränderung dem Zufall zu überlassen.“

Rorys Blick wurde berechnend. „Was meinst du?“

Bilbo holte tief Atem. Dies würde schwierig werden. Der Herr von Bockland – selbst wenn dieser Herr sein geliebter und vertrauensvoller Vetter war – war niemand, der es gestattete, dass man ihm Dinge befahl. „Wir müssen jetzt anfangen, jetzt, während die Dinge gut sind, und ein paar solide Leute dazu heranziehen, sich um das Auenland zu kümmern, wenn die Schwierigkeiten kommen. Und diese Leute müssen zusammenarbeiten, um alles während dieser Schwierigkeiten stark und stabil zu halten.“

„Scheint, als ob du über den Bürgermeister, den Herrn und den Thain redest.“ Rorys Stimme war ein wenig flach und sein Blick war scharf.

Bilbo nickte. „Wenigstens diese drei, aber es braucht noch mehr. Drei sind nicht genug, obwohl... ohne diese drei wird es nahezu unmöglich.“

„Wir haben es auch ohne Könige, ohne hohe Herren und solche Leute gut geschafft.“ erwiderte Rory. „Wir haben hier schön friedlich gelebt, ohne anderen zur Last zu fallen oder dass man uns zur Last fällt. Außerdem machen wir das schon eine ganz schön lange Zeit, also sehe ich nicht ein, warum wir es nötig haben, irgendwen aufzubauen.“

„Tatsächlich, Rory, sind wir kaum jemals hiergewesen. Das Auenland hat nach der Sichtweise der meisten Leute noch kaum einen Wimpernschlag lang existiert!“ sagte Bilbo, verärgert über die Engstirnigkeit von Rorys Kenntnissen und Wissen; ihm war jedoch klar, dass sein eigener Sinn für Zeit befremdlich war, nicht der von Rory. „Ich habe nichts über Könige und hohe Herren gesagt. Ich rede darüber, was wir bereits haben, und wie wir die Dinge ein bisschen verändern können, damit wir nicht beiseite gestoßen werden.“

„Dann sag, was du im Sinn hast.“

„Was ich denke, ist, dass wir einige Schulung brauchen, und wir müssen die Jungen dazu ermutigen, ein wenig mehr daran zu denken, was sich außerhalb des Auenlandes abspielt, und was eindringen könnte. Ich denke, wir könnten eine Wache brauchen, die ein bisschen besser organisiert ist, und zu mehr Boten würde ich auch nicht Nein sagen, oder vielleicht zu ein paar zusätzlichen Aufgaben für den Postdienst.“

„Klingt, als solltest du dich für das Amt des Bürgermeisters bewerben, Bruder.“ neckte Rory, aber es schwang einiger Ernst in seinem Tonfall mit.

„Dann wärst du für die Post und die Wache zuständig. Vielleicht könnte man, was das angeht, auch Schulungen abhalten.“

„Also, wieso hast du’s nicht getan? Ich hätte keine Schwierigkeiten damit, den Bürgermeister zu bewirten.“ scherzte Rory.

Bilbo lachte nicht. „Oh, ich nehme an, der Verrückte Beutlin ist irgendwie nicht respektabel genug für einen Bürgermeister. Jedenfalls nicht ausreichend für Pal.“ Er hatte die Idee bei der vorletzten Wahl um Hobbingen, im West- und im Südviertel ausgestreut, ein paar Monate vor dem Freimarkt. Die meisten, die üblicherweise erschienen und zur Wahl gingen, kamen aus diesen zwei Vierteln, deshalb machte es Sinn, herauszufinden, wie seine Kandidatur aufgenommen werden würde.

Fort war damals schwer krank gewesen und Rum hatte kein Anzeichen gezeigt, dass er die Absicht hatte, seine liederliche Lebensweise aufzugeben. Bilbo hatte geglaubt, dass die Leute einen älteren und vernünftigen Bürgermeister als Gegengewicht zum jungen und verantwortungslosen Thainserben haben wollten. Pal hatte dieser Idee ein schnelles Ende bereitet; er ließ die Leute in den Tukländern wissen, dass es nicht geraten sei, zwei von Rums Art in wichtigen Ämtern zu haben. Ohne Unterstützung des Thains – oder von dem, den die Leute als Thain respektierten – wurde man nicht Bürgermeister. Nicht lange danach hatten er und Pal ein paar kurze Worte gewechselt, und bei dieser Gelegenheit hatte Pal ihm klargemacht, dass er in den Groß-Smilals nicht länger als Gast willkommen war.

„Ich mag es mit einer Kreatur wie Rum aushalten müssen, weil ich ihn nicht hinauswerfen kann, Beutlin, aber ich werde nicht dulden, dass noch jemand Abartiges bei mir zu Hause herumläuft. So nahe sind wir nicht verwandt, dass ich dir nicht empfehlen kann, deine Gelüste woanders zu befriedigen. Du kannst dir meine Zuneigung nicht erkaufen, und auch sonst nichts von mir.“

Pals Worte hatten ihn tief verletzt. Eglantine hatte später versucht, den Riss zu kitten, aber Bilbo dachte immer, dass es eher die Hoffnung auf ein Erbe war als der Wunsch nach Versöhnung, der sie dazu bewogen hatte. Das Gefühl von Rorys Hand, die die seine drückte, holte ihn ins Brandyschloss zurück.

„Bilbo. Lieber Bilbo, diese Narren wissen nicht, was du getan hast, und sie sind sowieso nicht gut genug für dich.“ sagte Rory beruhigend. „Dieses Volk aus dem Westen ist mehr als nur ein bisschen wirr im Kopf, und sie sehen die Dinge nicht so klar wie wir in Bockland.“ Bilbo wusste, dass mit dem ,Volk aus dem Westen’ so ziemlich jeder westlich des Brandywein gemeint war. „Pal ist ein noch viel schlimmerer Idiot, wenn er nicht sieht, was du ihm für eine Hilfe wärst. Ich habe den Verdacht, dass er mehr als nur ein bisschen eifersüchtig ist auf dich, Bruder, mit all deinen guten Taten. Vielleicht hatte er Angst, du würdest als Bürgermeister eine so gute Arbeit machen, dass manche sich dich als Thain wünschen könnten. Wenn die Leute entscheiden, dass sie Rum nicht mögen... nun, nicht immer war der Thain ein Tuk. Nebenbei bist du enger mit dem Alten Tuk verwandt als Pal.“

„Rory, hör auf, Blödsinn zu reden.“ neckte Bilbo.

„Nicht mehr Blödsinn als dich zum Bürgermeister zu wollen. Ich weiß von ein paar Leuten hier, dass du für ein paar von den weniger Glücklichen im Auenland nichts als Gutes getan hast. Die Familien reden darüber. Ich weiß, warum du mehr Zeit damit verbringst, in der Gegend herumzuwandern als in deinem eigenen Smial. Du fragst immer nach, was die Leute brauchen, und plötzlich ist dann Geld da, dass ein Getreidespeicher gebaut werden kann, dass es Schulunterricht gibt oder eine Brücke errichtet wird. Du magst dich nicht Bürgermeister nennen, aber du kümmerst dich ebenso gut um das Auenland wie nur irgendjemand, der jemals den Titel getragen hat, und ein gutes Stück besser als die meisten.“

Bilbo zuckte die Achseln. „Ich hätte das schon eher versuchen sollen, als Fort noch Thain war, und bevor er so krank wurde.“

„Ja, das hättest du,“ antwortete Rory leicht verärgert, „wovon Fort und ich dich beide unablässig zu überzeugen versucht haben, wenn du dich erinnern möchtest! Wir brauchten dich dazu, die Dinge in Ordnung zu halten und nicht herumzuwandern, Sterne zu beobachten und Bilder von Blättern zu malen. Beim Gräber, wir wären jemand gewesen, mit dem man rechnen muss!“

Bilbo lachte ein bisschen über Rorys Heftigkeit. „Und was hätten wir wohl getan, oh hoher und mächtiger Herr von Bockland? Alle Küchen von hier bis zu den Weißen Höhen geplündert?“

„Das wäre bloß der Anfang gewesen!“ hänselte Rory zurück. „Nicht dass du es nötig hast, irgend eine Küche zu plündern. Wie es scheint, gehst du zu mehr Festlichkeiten als der Bürgermeister, und nicht nur wegen des Essens. Obwohl ich gehört habe, dass du auch in dieser Hinsicht einen guten Eindruck hinterlässt. Du scheinst entschlossen zu sein, jede Gevatterin im Augenland mit Komplimenten über ihre Küche zum Erröten zu bringen.“

„Nun, die beste Art, sich einen Platz an der Tafel zu sichern, ist, den Koch hoch zu schätzen.“ scherzte Bilbo. Er paffte seine Pfeife ein paar Mal, dann schüttelte er den Kopf und gab den Händedruck seines Vetters zurück. „Nein, Rory, ich bin nicht derjenige, der Bürgermeister sein sollte. Ich bin zu alt und zu seltsam, und möglicherweise gehe ich eines Tages Hals über Kopf in irgendein verrücktes Abenteuer auf und davon und lasse euch allesamt hängen. Nein, ich denke, die jungen Kerle, die die gerade erst oder noch nicht ganz jährig sind... sie sind diejenigen, die den Veränderungen und den Schwierigkeiten entgegentreten müssen. Irgendwann in nicht allzu langer Zeit werde ich sterben, egal wie ich aussehe. Ich muss an die Zeit danach denken.“

Rory sank in seinen Sessel zurück und grummelte ein wenig herum. „Ich denke, du hast Recht, Bruder, und es tut mir verdammt leid zu sagen, dass ich nichts getan habe, als diese Schwierigkeiten, die auf uns zukommen, noch schlimmer zu machen. Sara ist kein schlechter Junge, aber er ist ein Narr mit einem Brett vor dem Kopf.“

Rory starrte ins Feuer, von dem kaum mehr als die Glut übrig war und Bilbo beobachtete ihn und sah, wie sein Kinn sich ein paar Mal anspannte und wieder entspannte.

„Er ist nicht soweit, der Herr zu sein, Bilbo. Und der einzige, der das nicht weiß, ist dieser Narr selbst. Er hat keinen Sinn für Zahlen. Er wird tun, was ich ihm sage, mit einem Grinsen und dem besten Willen der Welt. Er ist nicht gedankenlos; er weiß es besser, als sich selbst vor dem gesamten Schloss zu blamieren, aber das ist nicht genug. Sara ist der fröhlichste Bursche, den man sich nur wünschen kann, aber die Leute achten ihn nicht, sie schauen nicht zu ihm auf. Der Herr muss über die Dinge nachdenken, er muss wissen, was hinter der nächsten Biegung liegt. Sara hat keinen Hobbitsinn, kein Gefühl für die Erde, den Wind und den Fluss. Selbst die Tiere verschwenden keinen Gedanken an ihn. Er liebt Esmie und er ist gut zu ihr; die beiden sind wie Zwanziger in einem Heuschober. Ich könnte nicht von ihm verlangen, seine Kleinen mehr zu lieben, als er es tut. Er ist ein guter Mann, Bilbo, verdammt noch mal, das ist er! Aber er ist kein Herr, kein Herr für schwierige Zeiten.“ Rory sah elend drein, während er über seinen ältesten Sohn Bilanz zog. „Und mit einem solchen Erben lasse ich Bockland im Stich.“

„Rory, so ist es nicht. Brandyschloss und Bockland sind nie blühender gewesen, nicht einmal unter deinem Vater. Nicht eine Seele in diesem Land leidet Mangel. Du hast mehr als einen Sohn. Was ist mit Mac? Pal ist auch nicht der Thain, aber er ist es, der das Südviertel verwaltet, nicht Rum.“

„Aber Pal wird Thain werden, es sei denn, Rum macht sich noch lächerlicher als sonst und bringt irgendein Mädel in Schwierigkeiten, weil er nicht auseinander halten kann, in wen er gerade sein Ding hineingesteckt hat. Mac wird nicht der Herr sein, und er ist seinem Bruder nicht so nahe, dass er Saras ganze Arbeit für ihn täte. Und, um die Wahrheit zu sagen, so eindrucksvoll ist Mac auch nicht. Er hat mehr Verstand als Sara und er ist der verantwortungsvollste Junge, den du je gesehen hast, aber er schaut nicht weiter als bis zu seiner Nasenspitze. Die Leute fragen ihn nach Antworten und nicht etwa um Rat. Er ist auch niemand für harte Zeiten, obwohl er mehr taugt als Sara.“

„Also werden wir uns auf den Thain und den Bürgermeister verlassen müssen und darauf schauen, dass Merry anständig lernt, ja?“ Bilbo war jetzt soweit, sein Anliegen vorzutragen.

„Ja. Obwohl ich nicht sagen kann, dass ich mehr Zutrauen in Pal oder Pasco Gutleib habe als in Mac, aus ziemlich den selben Gründen. Pal arbeitet so hart wie jeder, der als Hobbit geboren wurde, aber er hat ungefähr soviel Vorstellungskraft wie ein Holzpfosten. Er weiß, wie man Leute herumscheucht, nicht, wie man sie befeuert. Pasco... also, Bilbo, ich weiß, er ist dein Vetter zweiten Grades von der Tante deines Vaters, Lily, aber mir dir ist er nicht zu vergleichen. Er bringt es kaum fertig, den Postdienst am Laufen zu halten, und die halbe Zeit frage ich mich, ob er überhaupt weiß, wie man einen Ehesegen spricht. Wir werden ein paar wagemutige Jungs brauchen, mit guten Köpfen auf ihren Schultern. Wir könnten uns genauso gut Marcho und Blancho zurückwünschen, oder dass der Bullenrassler ins Leben zurückkehrt. Oder besser noch Großvater höchstpersönlich!“

„Na,“ sagte Bilbo vorwitzig, „ich denke, die Antwort wird sein, sich nach den Geeignetsten der Abkömmlinge des Alten Tuk umzusehen, und schauen, bei wem wir mit dem Aufbau anfangen können. Dein Merry, natürlich, aber hat Mac nicht auch einen Jungen? Und all deine Vettern auf der Seite von Saradas und Asphodele – Seredic, Milo und der Bursche von Rufus...“

„Bargo. Tatsächlich wird er gerade hier aufgezogen, unter Amaranths Obhut, gemeinsam mit einem der Mädchen.“

'Also, was ist mit denen?“

„Seredic ist eine Kopie des ,großen’ Sara, ein Nachfolger, kein Führer, und er neigt dazu, neue Ideen gruselig zu finden. Aber ist so treu wie das Land selbst. Er und Fred, Wilis Jüngster, sind sich sehr nahe. Sie haben die Straffgürtel-Schwestern Hilda und Helga geheiratet. Du weißt mehr über Milo als ich, aber Bargo hat einen gemeinen Zug an sich und er ist genauso beschränkt wie Pasco.“

„Milo ist mit Priscas Nichte Päonie verheiratet, und ich bin ihm auf der Hochzeit begegnet. Er ist umgänglich und geht ehrlich mit den Leuten um. Er ist wie Rufus.“ Bilbo vermied es sorgfältig, Frodo zu erwähnen; er wartete ab, dass Rory sich erst über all diese Vettern äußerte.

„Je nun, sie sind alle im Ostviertel und in Bockland, also kann ich ein Auge auf sie haben.“ Rory runzelte die Stirn, tief in Gedanken. „Ich kann allerdings nicht sagen, dass man viel auf dem Tuk-Familienstammbaum herausholen kann. Esmie ist seit Fort das Beste, was aus dem Groß-Smials hervorgekommen ist, und sie ist schon hier. Hat uns Merry geschenkt! Und an Merle ist auch einiges dran... eine anständige Eheschließung für sie, wenn die Zeit reif ist, und wir können uns einen rechten Burschen herholen. Weder Flame noch Gis haben irgendetwas zustandegebracht, das aufregend wäre. Pal ist so ziemlich das Beste, was sich in diesem Kanrnickelgehege voller Tuks auftreiben lässt. Irgendwann wird er von Eglantine einen Sohn kriegen, und dann könnten wir etwas haben, womit sich arbeiten lässt.“ Rory verfiel in nachdenkliches Schweigen.

„Also, da ist der Herr und der Thain, jetzt müssen wir nur noch für den Bürgermeister sorgen,“ neckte Bilbo, „und das werde ich tun, schließlich bin ich näher dran an Michelbinge.“ Rory drehte ein neugieriges Auge in seine Richtung.

„Du hast jemanden im Sinn?“

Bilbo ließ die komische Fassade fallen und kam geradewegs auf den Punkt. „Frodo.“

Rory saß einfach da und betrachtete ihn, dann nickte er langsam. „Ja. Noch zu jung, natürlich, aber... ja. Frodo. Das ist einer, den man anständig heranziehen muss. Es hat keinen Beutlin-Bürgermeister gegeben, seit dein Vater direkt nach dem langen Winter Bürgermeister war, und ich denke, die Leute hätten nichts gegen einen weiteren einzuwenden.“

„Aber es hat nie einen Brandybock-Bürgermeister gegeben, und da liegt das Problem. Solange Frodo hier in Bockland bleibt, wird ihn niemand anständig im Auenland willkommenheißen. Er wird als Brandybock angesehen werden.“

Rory sagte nichts; er sah ihn einfach an und wartete darauf, wo Bilbo mit seinem Argument hinwollte.

„Und es gibt Dinge, die er lernen muss, wenn er an einen solchen Ort geht... Dinge, die er nicht lernt, wenn er hier für Esmie den Babysitter spielt oder Saras Ellbogen ausweicht. Ich fürchte, Sara empfindet keine große Liebe für den Jungen.“ Da, jetzt hab ich’s gesagt. Bilbo erwiderte Rorys Blick.

Rory senkte die Augen und studierte den Teppich neben seinen Zehen. „Es ist wahr, Sara ist nicht allzu glücklich mit dem Jungen, aber Frodo hat ein schlagfertiges Mundwerk. Da kommt er ganz nach seinem Vater.“ Rory schaute rasch auf, ein Zwinkern in den Augen, und ein Lächeln zog seine Mundwinkel nach oben. „Und er lernt besser, sich damit in Acht zu nehmen, bevor es ihn in solche Schwierigkeiten bringt wie Drogo. Aber ich glaube, du bist allzu besorgt, Bilbo. Es ist mehr als zur Hälfte Esmies Fehler, dass er und Sara nicht miteinander klar kommen. Sie ist stärker in ihn vernarrt, als es anständig ist für jemanden, der nicht seine Mama ist, und der Bursche entwickelt sich zu einem gut aussehenden, jungen Hobbit. Er hat das Gesicht des Alten Tuk, das ist mal sicher, und er verdreht schon ein paar Köpfe.“

Plötzlich senkte Rory die Augen wieder und Bilbo beugte sich vor; er mochte die Richtung nicht, die Rorys Gedanken nahmen.

„Er ist ein bisschen in Esmie verknallt, wie jeder Junge, der sie je zu Gesicht gekriegt hat. Und ich glaube nicht, dass das so eine schlimme Sache ist. Es ist harmlos. Ein Junge in dem Alter sollte eine gutaussehende Frau anstarren.“

Endlich schaute Rory Bilbo wieder an... auf die selbe Weise, wie es Esmie und Frodo getan hatten.

Bilbo wandte sich ab und stellte das Glas mit Branntwein hin. Er musste sich wieder fassen. Auch wollte er nicht riskieren, das Glas in seiner Hand zu zerdrücken oder im Zorn damit zu werfen. Verdammt sollst du sein, Rory, verdammt sollst du sein! Du kennst mich! Ich bin dein Bruder, verdammt noch mal! Es kümmerte ihn nicht sehr, wie kalt sein Ton klang, als er antwortete.

„Es ist nicht so harmlos, wie es scheinen könnte, wenn ich mit eigenen Augen sehen kann, dass es Sara nichts ausmacht, dem Jungen wehzutun – und er ist noch ein Kind! – und das kleiner Dinge wegen, wie seine Frau anzustarren. Es wird nur noch schlimmer werden, wenn Frodo älter wird und Sara immer noch eifersüchtiger. Wenn er jetzt geht, bevor ein echter Kampf zwischen ihnen ausbricht, dann wird dieser Kleinkrieg vergessen sein, wenn sie sich das nächste Mal über den Weg laufen. Sara und Esmie werden noch mehr Babies haben und Frodo eine eigene Frau. Der Herr und der Bürgermeister müssen miteinander auskommen.“

„Wahrhaftig,“ stimmte Rory zu, „und ich denke, es ist das Beste für den Jungen, dass er geht. Esmie hat den Jungen ein bisschen allzu gern, als dass es ganz und gar anständig wäre, aber sie denkt auch daran, was das Beste ist. Sie sagte während des Frühstücks heute Morgen irgend etwas darüber, ihn vielleicht zu Pal zu schicken. Sie meinte, sie hätte es dir gegenüber erwähnt, und dass sie schon mit Pal gesprochen hat. Das klingt gar nicht so schlecht. Er wird im Auenland anständig aufgehoben sein, und es wird viele Vettern und Basen geben, die beinahe in seinem Alter sind. Es kann ihm nicht schaden, mit dem Thain gesehen zu werden, wenn er Bürgermeister werden soll. Mit dem Thain wird er nämlich auch zurecht kommen müssen.“

Bilbo hielt es nicht mehr aus. Er stand aus seinem Sessel auf und fing an hin- und herzugehen. „Nein! Was denkt ihr euch denn nur? Den Jungen in die Groß-Smials zu schicken... Brandyschloss ist nichts dagegen! Und was ist mit Rum? Wenn du besorgt bist darüber, wie die Dinge aussehen, wieso schickst du Frodo dann zu dem Hobbit mit dem übelsten Ruf im ganzen Auenland? Das ist, als würdest du Blumen direkt neben einen Bienenstock pflanzen!“

Rory seufzte verärgert. „Bilbo – sei vernünftig! Frodo geht zu Pal und Eglantine, nicht zu Rum. Er wird sich kaum in den Groß-Smials aufhalten, nach dem, was Esmie sagt. Gut die Hälfte ihrer Zeit verbringen sie auf dem Gut in Weißbrunn. Frodo würde nicht einfach so frei herumlaufen. Pal wird ihm etwas Anständiges zu tun geben.“

„Pal hat keine Zeit für einen Zwanziger,“ schnappte Bilbo zurück. „nicht mit seinen Pflichten und Aufgaben. Eglantine hat drei kleine Mädchen und ist wahrscheinlich schon mit einem weiteren Kind schwanger. Pal mag die Arbeit des Thain tun, aber er ist nicht der Thain, und was weiß er wirklich? Worüber haben wir gerade erst gesprochen? Er schaut nicht weiter als bis zur nächsten Woche! Er würde aus Frodo bloß einen Bauernknecht machen, Pal kann Frodo nichts beibringen, er wird nicht erfreut sein darüber, warum der Junge dorthin geschickt worden ist, ,jetzt noch mehr von diesen Gerüchten’, und er wird viel zu hart zu ihm sein. Pal wird eher versuchen, ihm Verstand einzuprügeln als dass er versucht, ihn zu unterrichten.“

Auf Rorys nächste Worte war Bilbo nicht gefasst. „Nun, Bilbo... vielleicht braucht der Junge ein bisschen Härte, um ihm zu zeigen, was recht ist. Eine Tracht Prügel zur rechten Zeit kann sehr lehrreich sein. Das hat ihn von Maggots Pilzen weggebracht. Schließlich können wir nicht noch so jemanden wie Rum gebrauchen. Man muss Frodo den Kopf zurechtsetzen, wenn er so werden soll, wie du ihn haben willst. Er wird beide als Beispiel vor sich haben, Rum und Pal, und man wird ihm zeigen, die richtige Wahl zu treffen. Mit fester Hand, wenn nötig.“

Bilbo hörte auf, hin und herzugehen und stand ganz still. „Rory, wenn eins deiner Ponys einen Karren nicht ziehen will und ständig davor zurückscheut, würdest du es dafür prügeln?“

„Frodo ist kein Pony, und es ist nicht ein Karren, wovor er zurückscheut.“

„Ich rede nicht von Frodo. Ich rede von mir.“

„Also, wovor scheust du zurück?“

„Würdest du mich nicht lieber verprügeln? Das ist es, was dein Gesicht sagt. Das ist, was deine Worte sagen. Immer drauf auf das Vieh, bis es tut, was du willst, richtig?“

„Bilbo, Bruder...“

„Nenn mich nicht ,Bruder’, wenn du vorhast, mich so anzuschauen! Und jetzt beantworte mir dies: würdest du ein feines Pony nicht durch Schläge ruinieren, wenn es sich auflehnt und nicht gleich tut, was du willst?“

„Jetzt sprichst du von dem Jungen.“

„Ja, jetzt schon.“

„Also glaubst du, dass er sich bloß ein bisschen auflehnt?“

„Ich glaube es nicht, ich weiß es. Kannst du mir in die Augen sehen und sagen, du hättest dich nicht ein bisschen aufgelehnt, als du so warst... als du auf Raubzüge in die Küche gegangen bist und Apfelbutzen nach den Mädchen geworfen hast? Erinnere dich daran, mit wem du redest.“

„Bei Frodo scheint es etwas mehr zu sein als das.“

„Du hast gerade gesagt, er sei von Esmie betört. Ich bin derselben Meinung. Er kann kaum seine Augen von ihr wenden. Also, was noch?“

„Sara hat gesagt...“

„Sara ist eifersüchtig. Und nicht sehr helle. Er würde jeden verdammten Unsinn wiederholen, wenn es Frodo damit eins auswischen kann. Je öfter solche Sachen erzählt werden, desto mehr werden sie geglaubt, ob sie wahr sind oder nicht. Wie meine Tunnel voller Drachengold.“

„Also ist es nicht so. Also sind nur ein paar Narrheiten , die übertrieben wurden. Um so besser. Warum ihn nicht zu Pal schicken, wenn das der Fall ist? Keins von diesen Gerüchten mehr, ein Rudel hübscher Mädchen, die mit dem neuen Jungen schäkern wollen, jede Menge Möglichkeiten, sich nicht mehr aufzulehnen. Und keine Sorge wegen Rum.“ Rory wedelte mit einem mahnenden Finger vor Bilbos Nase. „Wenn Frodo werden soll, was du für ihn möchtest, dann wird er respektabel sein müssen. Das heißt im Kopf der anderen Leute, nicht bloß in deinem. Den Thain zum Vormund zu haben - oder den zukünftigen Thain – vor allem jemandem wie Pal, ist ein schneller Weg dorthin.“

„Oh ja, so respektabel! In die Groß-Smials geschickt ohne jemanden, der auf ihn achtgibt, geradewegs unter Rums Nase, von Gerüchten verfolgt. Irgendwann wird er dort sein müssen, und Rum wird dort sein und Schwierigkeiten machen. Ich weiß, was Pal über ,perverse’ Leute denkt, Rory.“ spie Bilbo aus. „Er würde mich nicht einmal über die Türschwelle der Groß-Smials lassen. Ich kann nicht glauben, dass du Frodo erlauben würdest dort hinzugehen! Es ist dir egal, oder? Dir oder Esmie! Wenn der Preis für Respektabilität der ist, dass er alle Naselang von einem Onkel verprügelt wird, der perverse Dinge hasst, was soll’s? Immerhin ist es bloß Frodo, der den Preis für die Respektabilität bezählen muss!“

„Jetzt komm, Bilbo, du weißt nicht, ob das passiert.“ versuchte Rory ihn zu beruhigen.

„Du weißt, dass es das wird!“ schnauzte Bilbo zurück. Die beiden starrten einander an. Bilbo ging rasch zu Rorys Stuhl hinüber und beugte sich über seinen Vetter, die Hände auf den Stuhllehnen. Rory wich nicht zurück. „Rory, wir kennen einander seit dem Tag, an dem du geboren wurdest. Wir kennen unsere gegenseitigen Fehler und Missetaten, und die meisten davon haben wir miteinander geteilt. Du kennst mich. Was denkst du würde ich ihm antun, dass du Frodo lieber zu Pal schickst? Zu Rum?“

Rory streckte die Hände aus und legte sie um Bilbos Gesicht. Sanft zog er den Kopf seines älteren Vetters zu sich herunter, drückte einen Kuss auf seine Stirn, noch einen auf seine Nasenspitze und einen letzten auf seine Lippen. Bilbo schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen die von Rory.

„Wieso denkst du solche Sachen von mir?“ sagte er traurig. „Ich würde ihm nie ein Leid zufügen.“

„Das tu ich nicht.“ erwiderte Rory schlicht, und Bilbo glaubte ihm. „Aber andere denken solche Sachen,“ fuhr Rory fort, „und sie lieben keinen von euch beiden, und sie werden mehr als erfreut sein, das Allerschlimmste anzunehmen. Er kann nicht nach Beutelsend gehen und nur mit dir zusammen sein. Es wäre nicht respektabel.“

Bilbo sank auf den Fußboden und saß dicht neben Rory, den Kopf auf seinem Schenkel, so wie Frodo am Tag zuvor neben ihm gesessen hatte. Rory streichelte ihm das Haar und summte irgendein altes Wiegenlied vor sich hin. Nach einer Weile hörte er auf zu summen und strich mit den Fingern über Bilbos Kopf, direkt hinter seinem Ohr, so wie er einen Hund kraulen würde, der sich zu seinen Füßen niederließ.

„Verdammter Beutlin,“ neckte Rory sanft, „du wirst sterben, bevor du alt wirst, weißt du das?“ Bilbo antwortete nicht. „Vetter, ich weiß, du liebst den Jungen auf die rechte Weise, und du willst das Richtige für ihn tun. Nun, vielleicht bedeutet das, ihn in Ruhe zu lassen. Er wird sich gut genug machen. Er ist nicht der erste Bursche, den ein Ortswechsel und ein paar hinter die Ohren dazu bringen, Fehler aufzugeben - sogar diese Art von Fehlern. Frodo ist härter im Nehmen, als du glaubst. Und du hast mir gerade selbst gesagt, dass wir nicht auf die Gerüchte achten sollen, also wieso sich um Rum Sorgen machen? Frodo wird bestens mit Pal zurecht kommen, und er wird erwachsen werden und irgendein molliges, kicherndes Mädel heiraten, einen Smial voller Kinder haben und Bürgermeister werden!“

„Und er wird ach so respektabel sein.“ fügte Bilbo hinzu.

Rory rubbelte ihn wenig hinter dem Ohr. „Ja, und er wird respektabel sein.“


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