Szenen aus Mittelerde
von Saphira


Vier
Die falsche Entscheidung (Boromir)

Hier saßen wir also, die mächtigen unserer Völker. Ich saß hier, weil mein Vater mich geschickt hatte, ihm Isildurs Fluch zu bringen. Hätte ich gewusst, was für Folgen das haben würde, hätte ich es trotzdem getan? Immerhin sitze ich jetzt hier, habe die hundertzehn Tage dauernde Reise auf mich genommen, um endlich mehr über diese Prophezeiung und Isildurs Fluch zu erfahren.

Das zerbrochene Schwert sollt ihr suchen,
Nach Imladris ward es gebracht...

Denn Isildurs Fluch wird erwachen,
Und der Halbling tritt hervor.

Und wirklich, das tut er. Er legt den Ring auf den Tisch, und schon jetzt merke ich, wie er mich mit seiner Macht in den Bann zieht. Ich wehre mich nicht dagegen. Mein Vater hatte Recht. Nach Minas Tirith sollte er gebracht werden.

Doch während der Fahrt wird der Drang immer stärker. Der Drang, das Ding selbst zu nehmen, um damit meine Heimat vor dem Untergang zu bewahren.

Ich merke gar nicht mehr, das all mein Bemühen zwar nicht umsonst war, aber dennoch närrisch. Ich spüre nur noch, wie sich die Pfeile in meinen Körper bohren, sehe, wie meine Freunde versuchen, davonzulaufen. Sie werden es nicht schaffen. Und ich bin schuld. Aber ich habe tapfer gekämpft. Das ich nun den Preis des Ewigen Schlafs zahle, ist das nicht nur gerecht? Ich habe versucht, den Ring an mich zu reißen und bin bei dem Versuch, die Hobbits zu beschützen, umgekommen. Heldenhafter kann man wohl kaum sterben. Gegen eine Übermacht von Feinden, umringt von den Leichen Gefallener. Doch meine letzte Aufgabe konnte ich nicht erfüllen. Ich konnte die Hobbits nicht befreien. Müssen sie jetzt sterben, meinetwegen?

Ich spüre den metallischen Geschmack im Mund und fühle, wie sich meine Augenlider bleischwer senken. Das letzte, was ich in dieser schönen Welt sehe, ist Aragorn.

„Mein Bruder, mein Hauptmann, mein König…“

Dann senkt sich bleierne Schwärze über die Welt und der Schlaf empfängt mich mit warmen Armen, um mich nie wieder loszulassen.


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