Nachspiel (Aftermath)
von illyria-pffyffin, übersetzt von Cúthalion

Ich hebe die Hand, um mein Gesicht zu berühren und halte inne, voller Staunen über ihren Anblick. Für eine Weile kann ich nur verwundert auf meinen flachen Handrücken starren, die Erhebungen meiner Knöchel und meine langen, sich verjüngenden Finger. Dies ist noch immer meine Hand, meine Finger, an Nadeln und Stickrahmen gewöhnt, daran, Kräuter und Wurzeln für Tränke zu sammeln, die Wangen meiner kleinen Brüder zu streicheln und neugeborene Babys zu halten – aber irgendwie haben sie sich verändert. Du hast sie verändert. Irgendwie, als du meine Hand gehalten und an deine Lippen geführt hast... irgendwann, als du deine Finger mit den meinen verschlungen hast, da hast du sie verändert, du hast mich verändert. Meine Hand, meine Finger, sie sehen in meinen Augen genauso aus wie früher, aber sie fühlen sich anders an. Diese Hand kennt das Gefühl, wenn sich deine dunklen, seidigen Locken um ihre Finger schlingen und weben, das Erschauern deines Körpers, als diese Finger fragend über deine Haut gewandert sind. Das Wissen fließt jetzt in mir, unerbittlich und heiter. Es erinnert mich daran, wie es ist, wenn die Bäche nach der ersten Schneeschmelze wieder anfangen zu sprudeln.

Ich lasse die Finger leicht auf meiner Wange ruhen; die Fingerspitzen geistern über die vertrauten Umrisse und ziehen eine Spur abwärts, um über meine Lippen zu streifen. Sie zeichnen eine Landkarte aller Kurven und Schwellungen. Dies ist noch immer mein Mund – die Form, die Weichheit, die Fältchen in den Mundwinkeln, wenn ich lächle... unter meiner Berührung fühlen sie sich noch immer so an wie zuvor. Und doch ist etwas anders – da ist ein Summen unter der Haut, ein Überrest vom Druck und von der Berührung deiner Lippen gegen die meinen, ein Echo vom Geschmack deines Mundes, deiner Haut, deinem Aufkeuchen, deinem Stöhnen, eine Million fiebriger Brücken, gebaut und verbrannt in der hitzigen Spanne zwischen zwei Atemzügen, wo wir wie wahnwitzig flatterten, um diese Entfernung zu überwinden. Ich frage mich, ob es das ist, was die Erde fühlt, wenn das Leben sich in ihren gefrorenen Tiefen rascher zu regen beginnt... ein plötzliches Lied, wo nur allumfassende Stille war.

Mein Körper unter der Decke ist nackt, warm und geschmeidig unter meiner Hand, als meine Finger dem Auf und Ab meiner Brust nachspüren und dem Pfad folgen, hinterlassen von deinem Blick und deiner Berührung. Selbst hier hast du mir dein Siegel aufgedrückt. Deine Hände haben mich gemeißelt und geformt und ich bin im lodernden Feuerofen deiner Augen gebrannt worden... und hier bin ich nun, neugeboren und uralt zur selben Zeit, wieder auferstanden, aber die Erinnerung an dich in mein Fleisch gesengt, und verwandelt. Einst war ich sterblich, fehlerhaft und verloren. Du hast mich gefunden und mich schön gemacht.

Ich drehe mich um und betrachte dein schlafendes Gesicht neben mir, so nahe und so fern, gleichzeitig vertraut und fremd. Ich erkenne den jungen Hobbit mit dem leichten Bocklandakzent wieder, der mich gerettet hat, als ich ein heulendes Kind war, verloren gegangen im Trubel eines Markttages; der Herr von Beutelsend, dir oben auf dem Bühl im Garten stand und mit meinem Freund Sam ernsthaft den Beschnitt von Eichenbäumen diskutierte; der strenge und doch sanfte Lehrer, dem der Stolz in den Augen schimmerte, als ich meine Aufgaben aufsagte, ohne einen einzigen Fehler zu machen; die sterbliche Verkörperung des sommerlichen Geistes, wie er den gesamten Tanzboden mit seiner Musik im Bann hielt und dann geruhte, von seinem Thron herabzusteigen und mich aus der Menge zu holen, um mit ihm zu tanzen; und der Hobbit, der mit einem so sternenäugigen Staunen auf mich herabstarrte und mir seine völlige Unterwerfung anbot, während er mich für sich beanspruchte.

Ich kenne all diese Gesichter – ich habe mir ihre Kurven und Winkel eingeprägt, jedes Glimmen und jede Schattierung der Augen, Aber jetzt liegt noch ein anderes Gesicht von Frodo Beutlin vor mir, eines, das ich noch nie gesehen habe. Im Schlaf ist dein Gesicht friedevoll und auserlesen, und es ist von einer zerbrechlichen Schönheit. Ich bin dir noch nie so nahe gewesen, nahe genug, um die komplexe Verschmelzung von Alter und Unschuld in deinen Zügen zu erforschen.

Ich erinnere mich daran, wie ich mich an dir festgeklammert habe, während wir den Feuerdrachen ritten, der in uns zügelte, sich wand und aufflammte, vor einer Weile erst. Ich konnte spüren, wie sich die Muskeln unter deiner Haut dehnten und bäumten, ich spürte deinen Rhythmus – verlangend, wild, machtvoll – der mir durch die Finger in die Hand fuhr, in mein Herz und in den Rest meines Körpers... und für einen blendenden Augenblick stand ich kurz davor, in völliger, leuchtender Vollkommenheit mit dir zu verschmelzen, durch deine Augen zu sehen, mit deiner Stimme zu sprechen, mit deiner Haut zu berühren, und dieses Wissen war beängstigend, beängstigend und wunderschön. Und hier bin ich und schaue staunend in dein friedlich schlafendes Gesicht. Auf deinen Schwingen hinauf in den Himmel getragen zu werden und dich dann so still zu sehen, so ruhig und verletzlich, so sehr nahe, so sehr wirklich... Vereinzelte Locken fallen dir ins Gesicht, deine Lippen sind leicht geöffnet, du bist aus Fleisch und Blut wie ich, und doch hast du mir für einen Augenblick gezeigt, wie es ist, Licht und Zauber zu sein.

Ich strecke die Hand aus, ängstlich, was ich finden werde – einen Hobbit, den ich liebe, oder eine schimmernde Scherbe meiner Träume, die sich unter der Berührung meiner Hand auflösen und verschwinden wird? – und ich lache über meine eigene Narrheit. Du liegst warm und solide vor mir und dein Atem ist eine Liebkosung auf meiner Hand, als ich dir das Haar aus dem Gesicht streiche. Ich bin froh, dass du schläfst... so wirst du die Tränen nicht sehen, die mir jetzt den Blick verschleiern. Ich streichle deine Wange, deine geschlossenen Augen, deine Stirn, dann bewege ich mich näher heran und küsse dich auf die Lippen.

Dein Atem stockt für einen Moment. Dann erwiderst du meinen Kuss, federleicht und andauernd, bevor deine Lippen ein Lächeln formen, das ich durch meine fühlen kann.

„Lily-Liebste“, murmelst du, „gib einem altem Hobbit genug Zeit, sich zu erholen, ja?“

Mein Lachen ist zittrig und schwach, aber es kommt von Herzen. Ich vergrabe mich in deinen Armen und schmiege meinen Kopf unter dein Kinn, und du ziehst mich dichter an dich, dein Ausatmen ein Seufzen tiefer Zufriedenheit, der mir das Haar zerzaust. „Vor einer Weile warst du ganz und gar nicht so alt.“

Ein Glucksen und ein flüchtiger Kuss auf meinen Scheitel. „Du hast Recht. Deswegen musst du dich ja ausruhen, mein Liebstes. Ich habe dich doch auch erschöpft, oder nicht?“ Du drückst mich fest an sich und streichst mir schläfrig mit einer Hand durch das Haar. „Schlaf, Lily. Schlaf.“ Deine Stimme verschwimmt und wird undeutlich. „Träum mit mir.“

Ich schließe die Augen. Selbst die Nacht, selbst der Schlummer, selbst meine Träume finde ich verändert. Du hast sie anders gemacht.


ENDE


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