Der Aufstieg der Lerche (The Rising of the Lark)
von Cúthalion


Kapitel Fünf
In Éowyns Gemach

Es war Malegond, der Meldung machte, dass Lírulin verschwunden war. Noerwen hatte ihn gebeten, ihre Tochter um Mitternacht heim zu bringen, und er hatte eine halbe Stunde auf sie gewartet, ehe er einen Bediensteten bat, Éowyn mitzuteilen, dass Lírulin nicht aufgetaucht war.

Aranel wurde herbei gerufen, aber alles, was sie zu der Sache beitragen konnte, war die Tatsache, dass sie Lírulin zum letzten Mal gesehen hatte, als das Essen serviert wurde und die Gäste in die Pavillons strömten. Viele Höflinge hatten mit Lírulin getanzt oder mit ihr gesprochen, aber nicht alle von ihnen waren noch im Palast zu finden; die, die es waren, hatten keine Ahnung, wo das junge, schöne Mädchen in dem grünen Kleid wohl sein mochte. Und als deutlich wurde, dass Lírulin spurlos verschwunden war, hatten sich die meisten der Adelsfamilien, die eingeladen worden waren, die Nacht in Emyn Arnen zu verbringen, schon in ihre Gemächer zurückgezogen. Schweren Herzens entschied Éowyn, ihren Gatten zu benachrichtigen und eine ihrer Hofdamen zu Aragorn und Arwen zu schicken; immerhin war es die Idee der Königin gewesen, Lírulin zum Ball einzuladen,und sie musste von der unglücklichen Entwicklung der Lage erfahren. Rings um den Palast wütete der Sturm noch immer mit erschreckender Gewalt, und Wasserfälle aus Regen ergossen sich die Hügel hinab. Éowyn stand am Fenster und starrte nach draußen, ohne wirklich etwas zu sehen. Sie war beunruhigt... und fühlte sich zunehmend schuldig. Wenn das Mädchen sich im Wald verirrt hatte...

In diesem Moment betrat Elboron die Privatgemächer der Prinzessin. Er hatte seine Festgewänder gehen etwas Einfacheres und Bequemeres eingetauscht, doch als Éowyns Augen denen ihres Sohnes begegneten, war sein Blick mindestens ebenso in Aufruhr wie der Himmel vor dem Palast.

„Vater hat mir gerade gesagt, dass Lírulin verschwunden ist, und jetzt schickt er die Diener überall hin und lässt sie jeden Stein umdrehen. Was ist geschehen?“ verlangte er zu wissen, eine tiefe Falte zwischen den Augenbrauen. „Wie kann es sein, dass ein Gast, den du persönlich eingeladen hast – und obendrein ein Gast der Königin von Gondor! - einfach so verschwindet? Wo ist sie nur hin?“

„Ich habe keine Ahnung,“ erwiderte Éowyn mit einem Seufzen. „Bisher weiß ich nicht einmal, wann genau sie verschwunden ist, geschweige denn, warum.“ Sie zögerte. „Sag mir, ist sie dir an diesem Abend irgendwann vorgekommen, als fühlte sie sich... unwohl?“

Elboron starrte sie an und sein Stirnrunzeln verstärkte sich. „Nicht, so lange wir beieinander waren! Du hast uns tanzen sehen – denkst du wirklich, dabei sei ihr unwohl gewesen?“

Éowyn betrachtete ihn nachdenklich. „Sicherlich nicht,“ sagte sie endlich. „Doch euch beide zusammen zu beobachten, so sichtlich vertraut miteinander... das mag anderen ein Unwohlsein beschert haben, das sie so nicht empfand.“

„Ist es das, was du glaubst?“ gab Elboron zurück; seine Stimme klang ein wenig scharf. „Vielleicht“ sollten wir es ganz deutlich sagen: manche mögen offene Feindseligkeit empfunden haben, vor allem die, die auf eine einträgliche Verbindung gehofft hatten.“

Er schüttelte den Kopf. Éowyn fiel auf, wie angespannt sein Kiefer war; plötzlich traf sie die Erkenntnis, dass Elborons Veränderung weit tiefer ging, als sie es erwartet hatte. Sie erblickte nicht länger den bezaubernden Jungen, den sie aufgezogen und fünf Jahre zuvor fort geschickt hatte – das Leben als Krieger in Aragorns Armee hatte gewissermaßen seine Kanten geschärft, und die Tatsache, dass er sich bereitwillig den dynastischen Plänen fügte, die sie mit dem Ball verfolgte, bedeutete keineswegs, dass er bereit war, sich manipulieren zu lassen. Seine nächsten Worte bestätigten ihren Eindruck.

„Als ich Lírulin heute Abend begegnet bin,“ sagte er langsam, „da war alles, was ich empfand, Dankbarkeit – dass ihr beide, du und die Königin, offenbar beschlossen hattet, mir meine Pflichterfüllung leichter zu machen, indem ihr eine Gefährtin meiner Kindheit eingeladen habt. Aber, Mutter...“

Er trat dicht neben sie, und sie standen sich Auge in Auge gegenüber.

„... was haben die anderen Gäste gesehen, all diese edlen Familien, die sich hier zu meinem Willkommensfest versammelt haben? All diese jungen Damen, die darauf gewartet haben, dass ich meine Wahl treffe? Ich werde es dir sagen. Sie haben mich beim Tanz mit einer lieblichen Frau gesehen. Sie haben gesehen, dass ich ihre Gesellschaft voll und ganz genossen habe... und dass ich zu ihr zurück gekehrt bin, wann immer ich die Gelegenheit dazu sah.“

Es klopfte leise an der Tür. Éowyn ging, um sie zu öffnen, und fand den König und die Königin von Gondor auf der Türschwelle. Sie trugen beide noch Festkleidung; ihre Gesichter waren ernst.

„Ihr vermisst einen Gast?“ fragte Aragorn. „Noerwens Tochter?“

„In der Tat,“ gab Éowyn zu. „Elboron, würdest du bitte diesen Sessel dort drüben dichter an den Kamin ziehen? Arwen, bitte setz dich hin.“

Elboron tat, wie ihm geheißen, und Arwen ließ sich mit spürbarer Erleichterung in den Sessel sinken. Sie war nur wenige Wochen von der Niederkunft ihres vierten Kindes entfernt, und obwohl das Baby in ihrem gerundeten Bauch ihre strahlende Schönheit nicht schmälerte, machte es sie sicherlich zuweilen unbeholfen und müde. Aragorn stand dicht neben ihr; seine Hand streichelte sanft ihre Schulter.

„Wieviel wissen wir?“ fragte er.

Éowyn öffnete den Mund, um zu antworten, aber im selben Moment klopfte es noch einmal. „Herein!“ rief sie und versuchte, ruhig zu bleiben.

Es war ein Diener; seine Kleider waren durchweicht, und er hinterließ eine Spur von Tropfen auf dem polierten Holzfußboden. Er verneigte sich vor ihr. „Eure Hoheit...“ Dann bemerkte er den König und die Königin, und plötzlich schien es ihm die Sprache zu verschlagen. Elboron – der sah, dass der Mann von soviel Fürstlichkeiten auf einem Fleck schlicht und einfach überwältigt war – brachte ein beruhigendes Lächeln zustande. „Hast du irgendwelche Neuigkeiten für uns?“

Der Mann nahm sich zusammen. „Eure Hoheit, ich bin einer von denen, die nach dem Essen die Pavillons abgebaut haben... deshalb bin ich auch so tropfnass, bitte um Vergebung. Wir hatten Angst, der Sturm könnte sie in Stücke reißen.“ Er zog etwas aus der Hemdtasche. „Als ich die letzten Zeltleinwände eingesammelt habe, wurde eine von ihnen weg geblasen und hat sich um den Pfosten des Tores gewickelt, das aus dem Garten führt. Ich ging hin, um sie zurück zu holen, und da habe ich das hier auf der Erde gefunden, dicht neben dem Tor.“

Er reichte Elboron einen Stofffetzen... feine, grüne Seide, offensichtlich von einem Kleidersaum abgerissen, und um etwas geschlungen. Er befreite den fraglichen Gegenstand und starrte darauf herunter, als er glitzernd auf seiner Handfläche lag. Eine Blume mit Blütenblättern aus Süßwasserperlen und einem Smaragd in der Mitte, gehalten von einem schmalen Samtband. Die silberne Schließe war verschwunden.

„Lírulin hat das getragen.“ sagte er leise, an die Königin gewandt. „Sie hat gesagt, Ihr hättet es ihr als Geschenk geschickt.“

„Das stimmt,“ bestätigte die Königin, „nachdem ich von der Schneiderin erfuhr, welches Kleid sie für sie ausgesucht hatte.“ Sie blickte den Diener an. „Dieses Tor ist wo genau?“

„Auf der Westseite des Gartens,“ erwiderte der Diener. „Von dort führt ein schmaler Pfad in die Wälder, und wenn man dem zwei Meilen lang folgt, dann kommt man zum Fluss.“

„Ich danke dir,“ sagte Éowyn. „Zieh dich um, ehe du dich noch erkältest, und dann geh in die Küche und lass dir etwas Heißes zu Trinken geben. Du warst eine große Hilfe.“

Der Diener verneigte sich zum dritten Mal, drehte sich um und verschwand; er schloss die Tür leise hinter sich. Für einen Moment war das Zimmer ganz still, und dann war es Elboron, der sprach.

„Wir müssen hinter ihr her,“ stellte er fest. „Ich mag mir nicht vorstellen, was ihr zustoßen könnte in diesem Sturm.“ Er machte einen Schritt in Richtung Tür. „Wenn ihr mich entschuldigen wollt...“

„Nicht so rasch,“ unterbrach ihn der König, noch bevor Éowyn auch nur den Mund öffnen konnte. Seine Stimme war sanft, aber es schwang ein unmissverständlicher Hauch von Stahl darin mit. Als der junge Prinz zu protestieren versuchte, hob er eine Hand. „Selbst wenn Lírulin den Garten durch dieses Tor verlassen hat – und in höchster Eile, wie es scheint, oder sie hätte sich nicht das Kleid zerrissen und dieses Halsband verloren – dann kennt sie ganz gewiss den Weg nach Hause. Das bedeutet nicht, dass es keine Suchmannschaft geben sollte, aber es ist eine Frage der Vernunft, zuerst jemanden zum Haus der Heilerin zu schicken, um herauszufinden, ob sie sicher dort angekommen ist.“

„Jawohl,“ fügte Elboron grimmig hinzu. „und um ihre Eltern zu informieren, für den Fall, dass dem nicht so ist. Damrod wird ohne Zweifel ein Teil dieser Suchmannschaft sein wollen.“

„Das glaube ich auch,“ entgegnete Aragorn und seufzte. „Aber trotzdem: Lírulin ist hier aufgewachsen, und sie kennt dieses Land so gut wie jeder von Faramirs Waldläufern. Es macht mir viel mehr Sorgen, was Noerwen zu der ganzen Angelegenheit zu sagen haben wird.“

„Sie wird außer sich sein,“ sagte der junge Prinz und starrte erneut auf die zarte Blume hinunter. „Sie wird fragen, wie es geschehen konnte, dass sie ihre Tochter in unsere Obhut gegeben hat , nur um herauszufinden, dass wir offensichtlich achtlos genug waren, ihr Vertrauen zu enttäuschen.“

Er warf seinem Souverän eine durchdringenden Blick zu.

„Und das ist die reine Wahrheit. Aus diesem Grund werde ich einer der Boten sein, die Noerwen mitteilen, was geschehen ist. Eine von uns muss sie um Vergebung bitten, und ich denke, das bin besser ich.“

Aragorn betrachtete ihn mit ruhigem Respekt.

„Tut das,“ sagte er. „und sagt Noerwen, dass ich ihr morgen früh einen Besuch abstatten werde.“

Éowyn verspürte einen heftigen Drang zum Widerspruch, aber das Gesicht ihres Sohnes sagte ihr, dass seine Entscheidung nicht mehr ins Wanken zu bringen war. „Sei vorsichtig,“ sagte sie endlich.

Elboron verneigte sich vor dem König und der Königin, trat wieder neben seine Mutter und küsste sie auf die Wange. Dann wandte er sich ab und verließ den Raum mit schnellen Schritten.

*****

Elboron machte sich mit einem der jüngeren Waldläufer auf den Weg, Gideher. Er kannte Lírulin, seit sie kaum mehr gewesen war als ein Krabbelkind, und Damrod war für ihn eine legendäre Gestalt, so wie für all die anderen, die er seit Jahren geschult hatte. Es war nicht viel Überzeugungskraft nötig, um ihn dazu zu bringen, dass sie nicht die Hauptstraße nehmen sollten, die zum Fluss hinunter führte, sondern die Abkürzung, für die Lírulin sich wahrscheinlich entschieden hatte. Auf diese Weise konnten sie wenigstens nach dem vermissten Mädchen Ausschau halten... aber die Sache stellte sich als weit schwieriger heraus, als sie erwartet hatten.

Der Pfad, den der Diener erwähnt hatte, war nicht länger ein Pfad. Er hatte sich in einen wilden, lehmigen Fluss verwandelt, der den Hügel hinunter schoss, Erde und Gestein in seiner Strömung mitnahm und eine breite Schneise in das Unterholz riss. Wurzeln von Eichen und Buchen, die seit Jahrzehnten dort wuchsen, wurden frei gespült. Elborons Stute und Gidehers Wallach stolperten auf nassen Felsbrocken und schlammigem Boden, und nach ein paar Minuten wurde beiden Männern klar, dass es vollkommen unmöglich war, auf dem Pferderücken hinunter zum Fluss zu gelangen. Sie stiegen ab und setzten ihren Weg fort, behutsam und Schritt für Schritt; sie wichen gefallenen Bäumen aus und wateten durch knöcheltiefe Pfützen. Es war mehr als doppelt soviel Zeit nötig, als sie üblicherweise gebraucht hätten, um ein schmales Plateau zu erreichen, das sich auf halber Höhe des Abhanges befand, wo sich der Wald zu einer Lichtung öffnete.

Der Regen fiel nicht länger, und weit über ihnen sah Elboron den Mond zwischen Wolken auftauchen, die über den Himmel jagten wie eine Herde galoppierender Pferde. Klingt wie etwas, das Onkel Éomer sagen würde, dachte er und verkniff sich ein schmales Grinsen.

„Du weißt, von hier aus wird der Hügel ziemlich steil,“ sagte er, an Gideher gewandt. „Wir sind besser vorsichtig; ich würde das Haus der Heilerin gern in einem Stück erreichen.“

„Nur um in Stücke gerissen zu werden, sobald Noerwen einmal begreift, dass ihrer Tochter vielleicht ein Unglück zugestoßen ist,“ gab der andere Mann zurück und warf ihm ein schiefes Lächeln zu.

Sie brachen wieder auf und suchten sich langsam ihren Weg entlang dem steinigen Rand einer tiefen Rinne. Wasser aus dem von Regen aufgeweichten Pfad und von zahllosen angeschwollenen Rinnsalen rauschte hindurch, auf die Ebene mit ihren kleinen Wiesen und der langen Reihe von Trauerweiden zu, die das Flussufer säumten. Von dort war es nur ein kurzer Weg von wenigen Minuten, um das Haus von Noerwen und Damrod zu erreichen – unter normalen Umständen. Nach dem, was mit dem Pfad geschehen war, wagte Elboron keine Voraussage mehr, wenn er an die mächtigen Fluten des Anduin dachte.

Plötzlich wurde ihr Weg von einem riesigen Knäuel aus Zweigen und Wurzelballen blockiert, der sich direkt vor ihnen auftürmte. Dicht am Rand des Waldes hatten zwei morsche Bäume den Kampf gegen den Sturm verloren. Ihre knorrigen Stämme lehnten aneinander und bildeten ein schiefes Dreieck. Elboron fasste die Zügel seines Reittieres fester und bereitete sich darauf vor, es um das gefährliche Hindernis herum zu führen – als er plötzlich eine verzweifelte Stimme hörte, die mitten aus all den wirren Zweigen und Blättern kam.

„Hilfe! Um Erus Willen, wenn dort draußen irgendjemand ist, helft mir!“

Er erstarrte. Gideher rannte von hinten in ihn hinein, und er schluckte eine Verwünschung hinunter. „Schschsch!- Lírulin? Bist du das?“

„Elboron! Oh... dem Himmel sei Dank, ich dachte, mich würde niemals jemand finden!“

Ihm drehte sich der Kopf vor Erleichterung. Er reichte Gideher die Zügel, kniete sich hin und versuchte fieberhaft, die Zweige auseinander zu schieben. Ein paar Momente der Mühe und mehrere Kratzer auf seinen Armen später tauchte ein bleiches Gesicht aus der nassen Finsternis auf, und kalte Finger schlossen sich um seine Hand.

„Ich war auf dem Weg zum Haus deiner Mutter, zusammen mit Gideher. Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht. Bist du verletzt?“ fragte er ängstlich.

„Nein, bin ich nicht – abgesehen davon, dass sich ein Knöchel so anfühlt, als wäre er verstaucht.“ erwiderte Lírulin; ihre Stimme war überraschend fest. „Aber diese Bäume sind umgestürzt, als ich zwischen ihnen hindurch ging, und jetzt sitze ich in der Falle. Wenn ich mich zu sehr bewege, könnten die Stämme ganz und gar zusammenbrechen, und in diesem Fall werde ich wahrscheinlich zerquetscht.“

Das waren höchst unwillkommene Neuigkeiten. „Ich nehme an, du kannst nicht hinaus kriechen?“

„Wenn ich es könnte, hatte ich es schon längst getan,“ schnappte sie. „Und die Tatsache, das mein Rock an einem der Wurzelballen hängen geblieben ist, hilft auch nicht gerade. Ich habe schon versucht, den Stoff los zu bekommen, aber jedes Mal geraten die Stämme ein wenig mehr ins Rutschen.“ Sie räusperte sich, und er ertappte sich dabei, dass er sachte ihr Handgelenk streichelte, so, als würde er ein aufgescheuchtes Fohlen besänftigen. „Es tut mir Leid,“ fügte sie verspätet hinzu; sie klang beschämt.

„Schon gut,“ sagte er. „Was du brauchst, ist ein Messer. Ich gebe dir meins, dann kannst du den Stoff abschneiden. Und wenn ich und Gideher anschließend die Zweige auseinander halten, dann hast du eine Chance, davon zu kommen.“

„Einen Versuch ist es sicherlich wert,“ sagte sie, und er verspürte mit einem Mal aufrichtige Bewunderung für ihre ruhige Tapferkeit. Er löste den Dolch von seinem Gürtel und drückte ihn ihr, den Knauf zuerst, in die Hand. Die schlanke Waffe verschwand in der Dunkelheit, und für einen langen Moment war alles, was er hören konnte, sein eigener Atem. Dann:

„Ich bin frei! Glaubt ihr wirklich, Ihr kriegt mich hier heraus?“

„Wir werden unser Bestes tun.“ Elboron fühlte mehr, als dass er es sah, wie Gideher sich neben ihn kniete, und zusammen schnitten sie dünne Zweige ab und drückten vorsichtig dicke Äste auseinander. Es war eine mühsame Arbeit, und Elboron musste seinen Oberkörper tiefer und tiefer in das hölzerne Labyrinth schieben, um für die Gefangene, die in ihrer engen Höhle wartete, Platz zu machen. Plötzlich ertönte über seinem Kopf ein tiefes, knarrendes Stöhnen, gefolgt von einem fürchterlichen, splitternden Knirschen.

„Zurück! Geh zurück!“ hörte er Lírulin dicht vor sich schreien, doch zu seiner Bestürzung merkte er, dass er feststeckte. Hinter ihm wieherte eines der Pferde schrill. Er machte eine letzte, verzweifelte Anstrengung, dem Unvermeidlichen zu entgehen, aber in der nächsten Sekunde krachte etwas gegen seinen Hinterkopf, und die Welt wurde schwarz.


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