Geschenke (Mathoms) „Ich denke, in diesem Paket müssen Spielsachen sein, Onkel.“ Frodo Beutlin zerrte das Bündel, das die Zwerge in der Eingangshalle zurück gelassen hatten, zu der einzigen freien Stelle auf dem Wohnzimmerteppich und fing an, die Knoten aufzudröseln, die es zusammen hielten. „Die Aufschrift sagt, es kommt aus Dâl.“ „Ausgezeichnet,“ gluckste Bilbo Beutlin. „Noch mehr, was man vor den Kindern geheim halten muss. Oder auch nicht,“ fügte er hinzu und zwinkerte Sam Gamdschie zu, der als Freiwilliger herangezogen worden war, um beim Vorbereiten der Geschenke zu helfen. Wie alles, was jung war, zog er Kleister an wie ein Magnet (obwohl seine Verpackungen abgesehen von dem einen oder anderen verirrten Daumenabdruck sauber genug waren, um die kurze Zeit zu halten, die es nötig war). Jetzt war der Junge mit Schnipseln von Buntpapier und abgerissenem Band übersät, aber obwohl er seit zwei Tagen in einem Zimmer fest saß, war er noch fröhlich genug, und er zwinkerte zurück. „Sie sind alle schon ganz aufgedreht, Herr Bilbo,“ sagte er. „Zu denken, dass Herr Gandalf vielleicht irgendwelches Feuerwerk zum Fest mitbringen könnte... ich glaub nicht, dass es einen Jungen oder ein Mädel in Hobbingen gibt, das gerade irgendwas anderes im Kopf hat.“ Er biss sich plötzlich auf die Lippen, denn er war derjenige gewesen, der - auf Bilbos Anregung hin das Gerücht verbreitet hatte. „Gandalf wird doch kommen, oder?“ fragte er ängstlich; seine Würde als Zwiens war angesichts der Möglichkeit einer derartigen Enttäuschung vergessen. Bilbo lachte und klopfte sich auf die Westentasche. „Nach der Notiz, die er gerade geschickt hat, sollte ich meinen, dass er heute noch den Brandywein überquert. Er wird kommen, Sam.“ Sam seufzte und setzte wieder die geschäftige Miene auf, die scheinbar seiner Meinung nach für seinen neuen Status als Lehrling angemessen war. Er glich so sehr seinem Vater - wie der vor sechzig Jahren ausgesehen hatte dass Bilbo einen Moment lang erschrak. Er war daran gewöhnt, mehr von Bell in Sam zu erkennen als von Hamfast, aber nun, da der Junge aus der Knie-und-Ellbogen-Pubertät heraus gewachsen war wie einer der Schösslinge im Garten, wurde es deutlich, dass Sam Nase und Kinn seines Vaters geerbt hatte, genauso wie die gute Hand mit Pflanzen. Bilbo zog ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase; er schalt sich selbst für diese kindische Abschweifung. Es waren nicht die eigenen Geburtstage, die dafür sorgten, dass er sich alt fühlte, sondern die Geburtstage anderer. Den von Frodo eingeschlossen, natürlich, selbst wenn er auf den selben Tag fiel. Er ließ den Blick auf seinem adoptierten Erben ruhen. Als er vor zwölf Jahren hergekommen war, um in Beutelsend zu leben, war Frodo ganz genauso schlaksig gewesen wie der arme Sam jetzt, und er schwankte ganz genauso zwischen Kind und Zwiens hin und her. Es hatte so viel Spaß gemacht, ihm dabei zuzusehen, wie er gedieh und sich von dem halbwüchsigen Knaben zu dem feinen, jungen Hobbit entwickelte, der triumphierend lächelte, während er an dem richtigen Stück Kordel zog, um die Knoten zu lösen. Falls Bilbo sich nicht irrte, dann befand sich in dem Bündel, das Frodo gerade öffnete, ein Geschenk für Sam, und es würde nicht gut sein, wenn er zu früh zu Gesicht bekam. „Lauf und schau nach dem Abendessen, Sam, und kümmere dich darum, dass Palin und die anderen Zwerge einen kleinen Krug Bier bekommen, während sie die Arbeit an Gandalfs Zimmer zu Ende bringen. Danach holst du uns ein bisschen Tee und Kuchen, damit wir uns für die letzte Anstrengung wappnen können.“ „Ja, Herr Bilbo.“ Sam verließ das Wohnzimmer; zum Glück merkte er nicht, dass er sich irgendwie eines der Namensschildchen auf die Sitzfläche seiner Kniehosen gekleistert hatte. Frodo wartete, bis er ganz sicher weg war, bevor er in Gelächter ausbrach, und Bilbo lachte ebenfalls, während er sich aus seinem Sessel hievte und sich daran machte, seinem angenommenen Erben beim Sortieren der Dinge in dem Bündel zur Hand zu gehen. Er suchte nach dem Dauerstift, um den er gebeten hatte. Vor langer Zeit hatte Fili einen dieser Stifte auf ihrer Reise zum Einsamen Berg bei sich getragen, und Bilbo erinnerte sich mit einem schwachen Hauch der Eifersucht daran. Er schrieb sogar noch im Regen! Nur ein Zwerg konnte sich so etwas ausdenken eine Metallröhre zu machen, die Scheibchen aus Blei oder Graphit zum Schreiben enthielt, anstatt einfach ein zugespitztes Stück von dem Metall selbst zu verwenden. Aber die Röhre würde Sams Finger sauberer halten, und das hieß, dass der Ohm es nicht mehr so schnell mitbekam, wenn Sam einen „guten, sonnigen Nachmittag damit verschwendet“ hatte, Gedichte zu schreiben. Es waren keine besonders guten Gedichte noch nicht aber Sam war zu jung, als dass sein Mangel an Erfahrung ihm etwas ausgemacht hätte. Und vielleicht würde, sobald er einen eigenen Stift und Papier besaß, all das Lernen nicht aus seinem Kopf davonsickern, wenn Bilbo nicht mehr da war, um ihn zu ermutigen. Er seufzte leicht, während sich seine Finger um die kleine, eckige Dose schlossen, die Röhre und Ersatzblei enthielt, und Frodo blickte von dem Tisch auf, eine Frage in den Augen. „Fehlt etwas, Bilbo?“ „Nein, nein,“ sagte Bilbo und setzte sein Lächeln wieder auf. „Ich habe mich gerade gefragt, was Sam wohl von seinen Geschenken halten wird. Er hätte vielleicht lieber einen von diesen Aufziehdrachen gehabt.“ Frodo schüttelte den Kopf und grinste. „Nicht Sam. Nicht jetzt jedenfalls, wo er doch ein ,anständiger Zwiens' ist. Er wird zu alt und zu würdevoll für Spielsachen und nebenbei, er wird jede Menge Gelegenheit haben, mit dem zu spielen, den wir Jolly Kattun schenken.“ Bilbo gluckste. „Das wird er wohl auch,“ gab er zu und steckte die Stiftdose in seine Jackentasche, damit er sie später verpacken konnte, wenn Sam nach Hause gegangen war. Zusammen mit dem Buch voll leerer Seiten, das Frodos Geschenk an den Jungen war, würde es Sam wenigstens wissen lassen, wie sehr Bilbo darauf hoffte, dass er mit dem Lernen fortfuhr. „Du stellst doch sicher, dass er dann und wann Zeit hat, ein Buch zu lesen, ja?“ fragte er in schroffem Ton, und Frodo lächelte. „Du weißt, das ich das tun werde,“ versprach er. „Sogar, wenn das bedeutet, dass ich mir zweimal in der selben Woche die Ratschläge des Ohm über Gemüsekürbisse anhören muss.“ Auch darüber lachte Bilbo. Es gab nichts Besseres als die Gelegenheit, über seine geliebten Gemüse und Wurzeln zu reden, um Ohm Gamdschie zu beschäftigt zu halten, als dass er gemerkt hätte, dass sein jüngster Sohn Zeit über seinem Buch verbrachte anstatt im Garten. Allerdings war es eigenartig tröstlich, ihm zuzuhören, und gelegentlich sogar überraschend. Hamfast studierte sein Werk genauso sorgsam, wie Bilbo es jemals mit einer Textabschnitt auf Elbisch getan hatte, und er hatte im Allgemeinen während der Zeit des Wachstums zwei oder drei Pflanzversuche gleichzeitig laufen. Es war eigenartig, daran zu denken, dass man vielleicht bald Heimweh haben mochte nach einer Diskussion über die Vorteile von Schafsdung, aber Bilbo hatte den Verdacht, dass es trotzdem stimmte. Nun ja... Hamfast würde in dem Beutel mit Saatkartoffeln, die Bilbo aus dem ganzen Auenland zusammen getragen hatte, jede Menge Arbeit und Ablenkung finden. Er beugte sich über das offene Bündel, zog Gegenstand für Gegenstand heraus und versah die kleinen Wunderwerke zwergischer Handwerkskunst mit den Namen der Kinder, die sie am meisten lieben würden. Hier war eine aufwendig geschnitzte Flöte, die wie der jubelnde Gesang einer Lerche am Morgen trillerte. Das perfekte Geschenk für Folco Gutleib... ein schüchterner, kleiner Kerl, der nicht imstande war, einen einzigen Satz zu Ende zu bringen, ohne dass er stotterte. Bilbo hatte ihn immer wieder einmal vor dem Garten von Beutelsend stehen sehen, mit staunenden Augen und einem Lächeln auf dem Gesicht, während er in gebanntem Entzücken dem Gezwitscher einer frühen Amsel im Rosenbusch lauschte. Dort war eine reizende Puppe mit verschiedenen Kleidern zum Wechseln; er würde sie der kleinen Viola Pausbacken geben, die jetzt alt genug war, um wehmütig nach den Puppen der anderen Mädchen zu schielen; ihre eigene „Margerite“ war ein in ein schmuddeliges Taschentuch gewickelter Holzlöffel. Mehrere prächtige Brummkreisel und Springseile würden zweifellos bei dem zahlreichen Nachwuchs von Frau Wühler für lautstarke Aufregung sorgen, und ein bunter Satz Wurfstäbchen* würde den kleinen Bargo Eichenblatt lehren, mit seinen ungeschickten Fingern etwas vorsichtiger zu sein. Die glänzend polierten Spielzeugtrommeln ganz unten in dem Bündel boten allerdings Anlass für deutlich mehr Überlegung. Die Holzwagen und Ponies (mit Mähnen aus echtem Haar) waren weit weniger dazu geeignet, Schwierigkeiten zu machen. Doch andererseits... da gab es Robin Gräber, der viel zu still und schreckhaft war für ein Hobbitkind. Seine Mutter, Petunia, war eine der boshaftesten Tratschbasen in den vier Vierteln des Auenlandes. Bilbo hatte wiederholt mitbekommen, wie sie dem kleinen Jungen rüde über den Mund fuhr; das Leben ihrer Nachbarschaft durchzuhecheln war ihr immer viel zu wichtig gewesen, als dass sie darauf achten konnte, was Robin vielleicht zu sagen hatte. Der Kleine brauchte ganz entschieden die lauteste Trommel von allen. Er betrachtete seine Auswahl an Gaben liebevoll. „Das Federballspiel ist etwas für Paladins Mittlere, Pimpernelle. Da ist die Spieluhr, die ich für seine Jüngste haben wollte. Und dieses Spielzeugpferd zum Reiten wäre genau richtig für Pippin, den jungen Frechdachs.“ Er blickte zu Frodo hinüber, der damit beschäftigt war, die kleineren und feineren Geschenke aus ihrer Wollverpackung zu schälen. „Was hast du denn da?“ „Ein Paar Stickerei-Scheren.“ Frodo hielt sie hoch und ins Licht, um sie zu bewundern. Die Zwerge hatten sie so geformt, dass die Klingen einen Storchenschnabel bildeten. „Die könnten wir dem Stolzfuß-Mädchen schenken weißt du, die, die die Blätter auf meiner Weste gemacht hat. Ich glaube nicht, dass sie bei ihr daheim so etwas Feines besitzen, und Zwergenarbeit ist gut und bleibt lange scharf.“ „Die kleine Lily? Ja, die werden ihr gefallen eigene Scheren würden es ihr ersparen, sich welche von ihrer Mutter ausleihen zu müssen. Sehr praktisch.“ Bilbo kramte weiter zwischen den ausgewählten Geschenken herum. „Hast du den große Schmuckkasten mit den eingelegten Muscheln gesehen, das ich für Perle bestellt habe?“ „Nein.“ Frodo sah aus, als wäre er meilenweit weg. „Ich bin nicht sicher, ob sie alt genug ist, ein Geschenk zu wollen, das nur praktisch ist.“ „Wer? Perle?“ Bilbo wandte den Kopf und beäugte ihn ehrlich verwirrt. „Sie würde etwas Praktisches nicht erkennen, auch wenn es sie geradewegs in die Nasenspitze beißt. Sie ist scharf auf alle Art von Armbändern, Halsketten und Ohrringen der alte Smaug, bloß in einem halben Dutzend Unterröcken.“ „Nein,“ wiederholte Frodo. „Nicht Perle Lily. All diese Blätter zu sticken war eine ordentliche Mühe für so ein kleines Mädchen.“ Er schwieg eine Weile, und einer seiner Mundwinkel hob sich zu einem halben Lächeln. „Drolliges, kleines Ding. Sie winkt uns immer zu, wenn wir auf dem Weg nach Wasserau an ihrem Smial vorbei kommen.“ „Drolliges kleines Ding, wirklich,“ sagte Bilbo zustimmend, richtete sich auf und ging zu der Kommode hinüber, um etwas zu holen, das ihm gerade in den Sinn gekommen war. „Und hübsch oder jedenfalls wird sie hübsch sein, in ein paar Jahren. Wie ist es hiermit?“ Sonnenlicht fiel durch das Fenster herein und blitzte auf dem runden Silberspiegel, den er zwischen den Händen hielt. Dies war kein Spielzeug; die Rückseite war wunderschön mit eingravierten Blumen und zarten Vögeln dekoriert, und das Glas war so makellos, wie es nur ein meisterlicher Handwerker zustande brachte. Völlig unpraktisch, es einem Kind zu geben aber seit seine Mutter gestorben war, hatte es in dieser Schublade nur noch als Staubfänger gedient. Besser, es wird geliebt, bevor es verloren geht oder zerbrochen wird obwohl die kleine Lily mit ihrem süßen Gesicht und den geschickten Händen vielleicht doch alt genug sein könnte, um ordentlich darauf Acht zu geben, dachte Bilbo und stellte fest, dass er lächelte. Er legte den Spiegel behutsam auf den Stapel zerbrechlicher Dinge, die noch verpackt werden mussten. „Dann tun wir das hier noch dazu; ein Geschenk von mir, und eins von dir. - Also gut, wo ist diese Angelrute mit der Spule, die ich für Meriadoc haben wollte?“ „Hier drüben,“ sagte Frodo und pflückte beides aus einer dämmrigen Ecke. „Die Zwerge haben sie in einer besonderen Leinenhülle geliefert, damit sie keinen Schaden nimmt.“ „Ausgezeichnet!“ Bilbo rieb sich die Nase. „Nun, und was haben wir noch?“ Frodo machte sich nicht die Mühe, die Liste zu Rate zu ziehen. „Nur verschiedene Eichler, und noch ein paar andere. Und Lotho Sackheim-Beutlin, falls du den zu den Jüngeren rechnest. Ich habe seinen Namen nicht bei den Erwachsenen gesehen.“ Bilbo gluckste. „Hier sollten irgendwo ein Spielbrett und Spielsteine sein... ah, hier sind sie. Das ist für Lotho. Etwas, das ihn zu sehr beschäftigt, als dass er noch Unsinn machen kann.“ In Wahrheit handelte es sich um eines der feineren Geschenke, das Bilbo in Dâl bestellt hatte, und er hoffte, Lotho würde nicht merken, dass es von den Spielzeugmachern kam. Das Spiel war so geschaffen worden, dass das Brett gleichzeitig die Schachtel darstellte, die Spielsteine in der mit Samt ausgeschlagenen Mitte, jeder in seiner besonderen Vertiefung, damit sie nicht so rasch zerkratzt oder beschädigt werden konnten. Bilbo reichte die Schachtel Frodo hinüber, und Frodo zog ein Gesicht, während er das schön geschnitzte Spiel beiseite stellte. „Er wird jemanden brauchen, der es gemeinsam mit ihm spielt, wenn es ihm irgendetwas nützen soll.“ „Ja nun... ich erwarte, dass Everard ihm vielleicht den Gefallen tut. Und es würde dir überhaupt nicht schaden, wenn du dich in dieser Richtung auch ein paar Zäune reparieren würdest, mein Junge.“ Bilbo warf Frodo einen strengen Blick unter gesenkten Augenbrauen zu, worauf Frodos Grimasse sich in einen etwas reuevolleren Ausdruck verwandelte. „Du hast das nie getan,“ gab Frodo demütig zu bedenken. „Na ja, Otho hat mir nie die Gelegenheit dazu gegeben,“ sagte Bilbo. „Und ich habe ihm auch nicht viele Gelegenheiten gelassen, um die Wahrheit zu sagen. Aber wenn ich in der Sache etwas zu sagen hätte, würde er mit seinen Pächtern vielleicht ein wenig lockerer umspringen... und da wir nicht viel miteinander reden, habe ich in dieser Sache eben nichts zu sagen.“ „Ich glaube auch nicht, dass Lotho auf mich hören wird,“ meinte Frodo. „Er hört auf niemanden, außer auf Otho und Lobelia, und auf die beiden auch nur dann, wenn es ihm in den Kram passt.“ „Nun, er wird so lange dein Erbe sein, bis du eigene Kinder hast, also solltest du das zu deinem Vorteil nutzen. Weißt du, manche Hobbits werden mit dem Alter immer besser.“ Wieder zog Frodo eine Grimasse. „Da würde er aber schon sehr viel besser werden müssen!“ behauptete er, und dann schüttelte er zweifelnd den Kopf, bevor er Bilbos Blick begegnete. „Ich glaube, ich würde lieber mit dir gehen,“ meinte er, diesmal in einem ganz andere Tonfall. Für einen Moment weidete sich Bilbo an dem Gedanken. Es gab keinen Hobbit, den er lieber hatte als diesen seinen Jungen, und er konnte sich den Blick auf dem Gesicht seines Erben vorstellen, wenn der den Einsamen Berg zu Gesicht bekam... aber der Punkt daran, sich einen Erben zu suchen, war doch der, Beutelsend leichten Herzens hinter sich zu lassen. Und es gab noch anderes zu bedenken. Er lächelte und zerzauste Frodo das Haar; er genoss das seidige Gefühl und die freudige Röte, die Frodos Wange berührte, als er sich unter der liebevollen Geste weg duckte wie ein weit jüngerer Zwiens, hin und her gerissen zwischen Liebe und dem Wunsch, wie ein erwachsener Hobbit behandelt zu werden. „Du würdest die Aussicht östlich von Bree viel zu mangelhaft finden,“ warnte Bilbo ihn gut gelaunt. „Die Aussicht?“ wiederholte Frodo; er zog die Augenbrauen zusammen und blickte zu der Karte an der Wohnzimmerwand hoch. „Ich dachte, nach Bree würde es noch aufregender. Du hast gesagt, da gäbe es Berge und solche Sachen.“ „Ja,“ stimmte Bilbo zu, „aber das ist nicht die Aussicht, die ich gemeint habe.“ Er beugte sich vor und wartete mit seinem Witz, bis Frodos Neugier ordentlich angestiegen war, bevor er flüsterte: „Zwergenmädchen haben Bärte.“ Frodo schnappte nach Luft, dann lachte er. Die Röte stieg ihm so heiß in den Kopf, dass schließlich sogar die Spitzen seiner Ohren glühten. Bilbo lachte mit ihm; damit, dass er Frodo hier im Auenland ließ, dachte er beruhigt, tat er genau das Richtige. ENDE ___________________________________________________________ *Mit den „Wurfstäbchen“ ist ein Mikadospiel gemeint, das im Deutschen eindeutig zu asiatisch klingt, um nach Mittelerde zu passen. Kleine Erinnerung an den Moment in Bevor ich schlafen gehe, auf dem diese kleine Erzählung basiert (aus dem ersten Kapitel: „Eine Geburt im Frühling“): In den nächsten sieben Jahren sah Lily Herrn Beutlin und seinen Erben von Zeit zu Zeit; mehr als einmal kamen die beiden am Beginn einer der Wanderungen, die sie jetzt gemeinsam unternahmen, am Stolzfuß-Smial vorbei. Und Frodo Beutlin versäumte nie, ihr zuzunicken oder sie mit großer Höflichkeit zu grüßen, wenn sie sich auf dem Markt oder auf dem Weg nach Wasserau begegneten. Als die Feierlichkeiten zu Bilbo Beutlins einundelfzigstem Geburtstag ganz Hobbingen in Aufruhr versetzten, war Lily gezwungen, mit einer schweren Erkältung zu Hause zu bleiben. Deshalb hörte sie nie seine seltsame Ansprache und sah auch nicht den blendenden Blitz, in dem er verschwand. Aber ihr Vater kam mit einem besonderen Geschenk nach Hause, das Bilbo Beutlin für sie vorbereitet hatte; ein feines Paar Scheren und einen wunderschönen Spiegel, in dessen Rückseite zarte Blumen und Vögel eingraviert waren. „Für Lily mit dem süßen Gesicht und den geschickten Händen von Herrn Bilbo Beutlin“ stand auf der Karte in dem kleinen Päckchen.
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