Kleine Bürden (Small burdens)
von Mariposa, übersetzt von Cúthalion


Primula Beutlin trug ihr ungeborenes Kind mit Stolz; sie ging langsam, mit hoch erhobenem Kopf und geradem Rücken.„Junge oder Mädchen?“ fragten die Verwandten, und sie antwortete mit Gewissheit: „Mädchen.“ Es war dann eine Überraschung für sie, und für Drogo auch, als die Hebamme ihnen eilig mitteilte, sie hätten einen feinen, starken Sohn. „Ein Sohn?“ sagte Drogo verblüfft, und Primula empfing das Deckenbündel und überprüfte es sorgfältig selbst. „Na schön,“ sagte sie. „Das ist ein ganz Durchtriebener. Was für andere Überraschungen hast du wohl noch auf Lager für die Welt?“ fragte sie das Baby. Frodo antwortete nicht; er öffnete nur seine blauen Augen und blickte sie feierlich an.

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Bell Gamdschie ließ nicht zu, dass ihre Schwangerschaft ihrer Arbeit in die Quere kam, nicht mehr als der Verlust zweier Babies vor der Geburt es getan hatte. „Dieser hier ist stark,“ sagte sie, „er wird durchhalten.“ Und es schien, dass sie Recht hatte, denn das Kind hielt durch, sogar, als Bell im siebten Monat zu bluten anfing und die Heiler anordneten, dass sie im Bett bleiben sollte. Das tat sie – zwei Wochen lang. Dann manövrierte sie ihren schweren Leib aus dem Bett, weil die Höhle im Beutelhaldenweg nach ihren eigenen Worten „zu schlamperschludrig wurde, um drin zu leben“. Aber die Blutung hörte auf und Samweis kam, als er sollte, zwei Monate später. Er umklammerte den Finger seines Vaters mit einem Griff so stark wie eine Baumwurzel, und der Ohm (obwohl er in diesen Tagen ganz einfach nur Hamfast genannt wurde) hätte beinahe gelächelt.

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Esmeralda Brandybock nahm die Neuigkeit von ihrer Schwangerschaft mit steinernem Schweigen entgegen und betrachtete ihren schwellenden Körper mit Abscheu. Aber im sechsten Monat ertappte sie ihre Hände dabei, wie sie die Rundung liebkosten, die ihr Kind sein würde, und sie fühlte, wie sie hilflos hineinglitt in die Liebe, egal, wie sehr sie fluchte. Sie verbrachte den letzten Monat der Schwangerschaft im Bett, und obwohl sie das wütend machte, gefiel es ihr heimlich irgendwo tief im Inneren auch, denn in den wenigen Momenten, in denen man sie allein ließ, konnte sie sich um ihren Bauch herum zusammenrollen und mit ihrem ungeborenen Baby flüstern... Geschichten von den Schwestern, die Jahre zuvor gestorben waren. Und als ihr Meriadoc in die Arme gelegt wurde, blickte sie auf seine lustige, süße Nase und dann auf zu ihrem Mann, der das selbe Brandybock-Markenzeichen an sich trug. „Nun... vielleicht wird dieser eine mir nicht das Herz brechen.“ sagte sie, mit Resignation und ohne echte Hoffnung.

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Eglantine Tuk hatte Ringe unter den Augen, ihr Bauch rundete sich kaum, und sie beklagte sich bei jedem, der es hören wollte: „Das Kind liegt nie still. Es tritt, wenn ich aufwache, es tritt, wenn ich versuche zu schlafen. Dieses ist nicht wie die anderen.“ Und das war es auch nicht – nicht nur war das Baby ein Junge (ein ganz neues Geschöpf für Paladins und Eglantines Erfahrungshorizont, nachdem sie bereits mit drei Töchtern gesegnet worden waren), es kam auch zu früh... viel zu früh. „Vielleicht wirst du ja jetzt langsamer,“ sagte sie zu dem Kind, aber ungeachtet seiner zerbrechlichen Erscheinung und seinen streichholzdünnen Gliedern hörte Pippin nie auf, sich zu bewegen – er trat mit seinen langen, dünnen Füßen und wedelte mit den Armen, und nicht allzu viele Monate später kletterte er aus seiner Wiege, noch bevor er laufen konnte.

ENDE


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